Langsam beginnt der Endspurt bis zum offiziellen amtlichen Wahlergebnis in Afghanistan:
90 Prozent der Wählerstimmen in Afghanistan sind nach Medienberichten ausgezählt, der kommissarische amtierende Präsident Hamid Karzai soll demnach (schon) die absoltute Mehrheit erhalten haben. Gleichzeitig wurde wohl ein massiver Wahlbetrug festgestellt, knapp 200000 Stimmzettel wurden für ungültig erklärt, aus einigen Wahllokalen seien mehr Stimmzettel zurückgekommen ala vorher ausgeteilt wurden. Die von den Vereinten Nationen unterstützte Unabhängige Beschwerdekommission (ECC) wies die afghanische Wahlkommission (IEC) am Dienstag an, etwa 200.000 Stimmen aus 447 der insgesamt 26.000 Wahllokale zu überprüfen und erneut auszuzählen. Es gebe „klare und überzeugende Beweise“ für Betrug. Diese Vorwürfe richten sich in erster Linie an Hamid Karzai, wird in den Medien vermutet.
Nach Auszählung von drei Viertel der Wahllokale führt Karzai nach Angaben der Wahlkommission mit 48,6 Prozent der Stimmen. Sein wichtigster Herausforderer Abdullah Abdullah folgt mit 31,7 Prozent. Für einen Erfolg bereits im ersten Wahlgang ist die absolute Mehrheit der Stimmen nötig, berichtet DER SPIEGEL.
Es bleibt abzuwarten, ob es am Schluß doch noch ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Hamid Karsai und Abdullah Abdullah gibt und ob von beiden Seiten ein Endergebnis „akzeptiert“ wird. Bereits im Wahlkampf ist es zu ungewöhnlichen Allianzen gekommen – so hatte Karsai Abdul Rashid Dostum in sein Boot geholt. Der Usbeke gilt als umstritten und kehrte vor einigen Wochen aus seinem türkischen Exil zurück nach Afghanistan. Vorher hatte der Provinzgouverneur von Balkh, Ustad Mohammad Atta Noor (der offenbar auch ein Facebook-Profil hat), Karsai seine Zusammenarbeit aufgekündigt und tat sich mit Abdullah Abdullah zusammen. Mehrere versuche Karsais, Atta politisch zu diskreditieren, scheiterten. Gerüchten nach könnte Dostum auch eine Zusammenarbeit mit Abdullah Abdullah nicht auschließen, um am Kuchen der Macht teilhaben zu können. Dostum hatte aber in der Taliban-Zeit Atta an die radikalen Islamisten verraten – beide sind bis heute (Tod) Feinde. Diese möglichen (unglaublichen) Allianzen muss man nicht verstehen können. Ein Afghane hat mir einmal erzählt: „Mal sind wir Feinde, mal sind wir Freunde – weil wir die gleichen Ziele haben.“ So ist das in Afghanistan, man muss sich mit Menschen auseinandersetzen, die nach westlichen Kriterien für Jahrhunderte ins Gefängnis müßten. Solange aber diese alten Cliquen von Warlords und Drogenbaronen immer im „Politik-Geschäft“ sind, wird sich im Land nicht viel ändern. Das haben mir viele junge Menschen erzählt. Viele von ihnen gingen deshalb auch nicht an die Wahlurne…
Hallo mal wieder,
Wahrscheinlich ist es noch etwas früh, aber wie sieht denn eigentlich ihrer Meinung nach der Erfolg der Wahl aus?
Hat sie unterm Strich Afghanistan und der Glaubwürdigkeit und Legitimität der Regierung eher genützt oder eher geschadet?
Oder ist diese Frage ohnehin unwichtig, da sich der gewöhnliche Afghani für die Regierungsgeschäfte nur so weit interessiert, wie er sebst betroffen ist?
Grüße,
Drachenstein