Zwei Monate nach der Präsidentenwahl in Afghanistan haben die Vereinten Nationen erstmals von einem „bedeutenden“ und weitreichenden Wahlbetrug gesprochen. Der UN-Sondergesandte in Afghanistan, Kai Eide, sagte heute in Kabul, das ganze Ausmaß des Betrugs würde untersucht. Gegen die UN-Mission waren zuletzt Vorwürfe laut geworden, Informationen über die Manipulationen unterdrücken zu wollen. Eide verteidigte am Sonntag seine Rolle in dem Wahlprozess und wies Vorwürfe zurück, die sein inzwischen entlassener Stellvertreter Peter Galbraith gegen ihn erhoben hatte. (weiterlesen auf Süddeutsche.de)
Nach dem vorläufigen Endergebnis hat Karzai 54,6 Prozent der Stimmen bekommen. Ohne absolute Mehrheit müsste sich Karzai einer Stichwahl stellen. Die „Washington Post“ hatte berichtet, Außenminister der Vereinigten Staaten und anderer Nato-Länder hätten einen „Konsens“ darüber erzielt, dass Karzai vermutlich weiter Präsident bleibe. Wahlbeobachter hatten rund ein Viertel der abgegebenen Stimmen als gefälscht oder zumindest verdächtig eingestuft. Etwa 1,1 Millionen der 1,5 Millionen fraglichen Stimmen waren demnach für Amtsinhaber Hamid Karzai abgegeben worden. Sein schärfster Herausforderer Abdullah Abdullah kam auf knapp 28 Prozent. Die Endergebnisse des Urnengangs werden für Ende der Woche erwartet.
Abdullah zeigte sich im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP überzeugt von der „Transparenz“ der Ermittlungen von der Unabhängigen Wahlkommission IEC und der Wahlbeschwerdekommission ECC. Diese würden auf eine Stichwahl zwischen ihm und Karsai hinauslaufen, sagte der Politiker. Sollte eine solche Stichwahl notwendig werden, müsste sie nach Ansicht von Experten schnell abgehalten werden: Große Teile Afghanistans werden durch den beginnenden Winter schon bald nicht mehr zugänglich sein.
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