Im folgende Post copy und paste ich eine Frage von mir im Blog Augen geradeaus bei Thomas Wiegold – und die Antworten darauf gleich mit. Wie gesagt, bin kein Völkerrechtler, aber vielleicht können Sie mit dieser “ Feinfeinschmeckerdebatte“ erahnnen, worum es eigentlich in dieser Gesamtdebatte Kundus politisch geht.
An die Soldaten im Einsatz: ich höre von vielen Seiten aus dem Einsatzland, dass Sie diese Heimatdebatte im Einsatz tiereisch nervt. Ich hoffe, dass keiner von Ihnen sich dazu bemüßigt fühlt, deshalb „die Flinte ins Korn zu werfen“. Diese Debatte ist wichtig – für Sie und für die Glaubwürdigkeit der Politik und ihrer Parteien. Seien Sie sich sicher – und ich hoffe, dass ich mich da nicht irre…unterm Strich werden die Soldaten letztendlich davon profitieren – insha-allah…
Weiß eigentlich jemand, wie die Veränderung der Rules of Engegement im Sommer diesen Jahres zustande kamen bzw. ob das Parlament diese gemäß des Mandates absegnen musste oder konnte das das BMVG das auf eigene Faust regeln?
Kommentiert von: Boris Barschow | 13. Dezember 09 um 11:32 Uhr
Soweit ich es mittbekommen habe hat das Parlament mit diesem „unwesentlichen“ Detail nichts zu tun, die Anpassung erfolgte aufgrund der veränderten Lage vor Ort.
Kommentiert von: StFwdR | 13. Dezember 09 um 11:51 Uhr
Die Lage am Ort ist das eine, das Mandat des BT etwas anderes…denke ich…bin mir selber unsicher…
Kommentiert von: Boris Barschow | 13. Dezember 09 um 11:59 Uhr
Also soweit ich das Mitbekomen habe sind die RoE Sache des zuständigen Ministeriums.
Der Bundestag entscheidet nur über die grundsätzliche Zustimmung auf der Basis des Antrags der Bundesregierung zum Einsatz.
Da hab ich nix von RoE gesehen.
Kommentiert von: StFwdR | 13. Dezember 09 um 13:18 Uhr
Ich habe immer mehr das Gefühl, dass es gar nicht um die Informationen und Berichte geht. Dieses Spiel wird nur für das staunende Publikum aufgeführt, um von handfesteren Vorgängen abzulenken. Die militärisch Kompetenteren mögen mich korrigieren, wenn ich mit meiner Voraussetzung falsch liege, ich glaube aber: Es hat eine stillschweigende Verschärfung der BW-Strategie stattgefunden: Ein wenig weiter weg vom freundlichen Kontaktbereichsbeamten in Flecktarn und ein wenig näher hin zur Armee, die ihren Gegner aufsucht, um ihn unschädlich zu machen. Dahinter dürften drei Faktoren stehen:
– Der Gegner hat sich verstärkt und die Schlagzahl erhöht, so dass die Men in Fleck selbst mehr tun müssen, nur um sich halten zu können.
– Die selbstständigen Operationen der Amerikaner im deutschen Sprengel am RCN vorbei sind ebenfalls ein unmissverständliches Signal.
– Der Wunsch unserer Politik, nun bald den Rückzug einzuläuten, führt zur stillschweigenden Forderung an die BW: Bringt die Sache endlich zu Ende.
Alle drei haben den gemeinsamen Nenner: Mehr Vorwärtsgang für die BW. Die rapide steigende Häufigkeit der Berichte über schwerere Gefechte kann doch wohl nicht nur daran liegen, dass der Gegner mehr tut. Das Problem ist bloß: Nach allem, was der Öffentlichkeit und dem Parlament bisher als Bild des Einsatzes präsentiert wurde, können die Verantwortlichen diese Drehung nicht einfach als „neue Einsicht“ verkaufen, es würden zwangsläufig zu viele peinliche Fragen auf den Tisch kommen. Wenn nun aber im Vordergrund ein „Skandal“ gegeben wird, gewöhnt sich das Publikum viel leichter an die neue Lage zumal wenn da auch noch Sündenböcke präsentiert werden, denen sich die Verantwortung für verschärfte Gangart zuschieben lässt (eine Möglichkeit wäre etwa die Linie „ . . . Oberst K. hat mit seinem Angriffsbefehl schlafende Hunde geweckt . . .“).
Wenn diese Voraussetzungen nicht ganz falsch sind, wäre meine erste Frage an die Fachleute: Wenn die Politik die Verschärfung gewollt hat, ohne offen dafür einzustehen ( „. . . loten Sie doch mal aus, was das Mandat hergibt, Herr Kommandeur!“), hätte das völlig anders ausgesehen als das was uns aktuell präsentiert wird?
Kommentiert von: Zivi | 13. Dezember 09 um 14:06 Uhr
@Boris Barschow
Das Bundestagsmandat sieht unter 7. „Status und Rechte“ ausdrücklich „die Anwendung militärischer Gewalt zur Durchsetzung der …(UN) … Resolution“ vor.
Klicke, um auf 1610473.pdf zuzugreifen
(Dieses Mandat wurde gerade erst verlängert mit BT-Drucksache 17/39)
Die UN Resolution zu ISAF sieht einen friedenserzwingenden (Kampfeinsatz) vor.
Es war in diesem Zusammenhang auch gerne vom „robusten Mandat“ die Rede.
Die aktuellen RoE, durch das Ministerium in Form der aktuellen Taschenkarte festgelegt. Sind nicht vom Bundestag beschlossen, sondern basieren als Ausführungsvorschrift auf dem Mandat. Bisher sind auch keine Stimmen zu hören gewesen, dass die (vor einiger Zeit verschärften) RoE der Taschenkarte über das Mandat hinausgingen.
-> Herr Wiegold hatte das Thema RoE hier im Blog ausführlich begleitet!
Beste Grüße
Th
PS
In diesem Zusammenhang spricht auch der offizielle Auftrag der QRF-Einheiten eine klare Sprache:
Antwort der Bundesregierung:
Nr14. „Offensive Operationen gegen Regierungsfeindliche Kräfte im Zusammenwirken mit afghanischen Kräften“
Klicke, um auf 1608144.pdf zuzugreifen
Antwort der Bundesregierung bei Nachtwei:
http://www.nachtwei.de/index.php/articles/664
Diese Antwort wurde (warum auch immer) nicht bei DIP eingestellt…
Kommentiert von: Thelamon | 13. Dezember 09 um 14:29 Uhr
@ Thelamon:
Dass das Mandat verlängert wurde, ist nicht an mir vorbeigegegangen 😉 Die Frage ist doch, ob die (Gott sei Dank) verbesserte Taschenkarte irgendwie in dem Zusammenhang steht, jetzt „gezielter“ gegen Taliban vorgehen zu dürfen…(nach dem Motto: Soldaten und Öffentlichkeit zufriedenstellen, aber eigentlich andere Absichten haben…), dies wäre dann eine weitere Verfehlung/Desinformation ehemals agierender Sicherheitspolitiker…
Kommentiert von: Boris Barschow | 13. Dezember 09 um 14:45 Uhr
Es erscheint nicht sehr wahrscheinlich, dass es kurz vor Bundestagswahlen eine „stillschweigende Verschärfung der Bw-Strategie“ gegeben habe. Eher wird die Erwartung geherrscht haben, Verluste zu vermeiden. Die Entwicklung der Lage im Einsatz führte allerdings zwangsläufig zu einer Verschärfung der Auseinandersetzung.
Was die Rules of Engagement anbetrifft, befasst sich nach meiner Kenntnis auch der VgA damit. Zumindest die alten ROE sind, wie ich aus Gesprächen mit Abgeordneten weiß, im Sommer 2008 im Ausschuss diskutiert worden. Der GI hat sich damals – trotz kritischer Fragen von Abgeordneten – gegen robustere ROE ausgesprochen (s. dazu meinen Klartext „Generalinspekteur lebenslänglich“ in Abs. 11).
Die unangemessene und verniedlichende Rhetorik Minister Jungs und des damaligen GI haben dazu beigetragen, dass in der Öffentlichkeit ein wenig realistisches Bild vom Charakter der Auseinandersetzungen in Afghanistan vorherrscht. Sie tragen daher ein hohes Maß an Mitverantwortung für die aus meiner Sicht abwegige Diskussion, die zur Zeit über die Bewertung des Luftangriffs in Kundus geführt wird. Auch einige der Abgeordneten, die alle Nase lang die Einsatztruppe mit ihren Besuchen beehrt haben, wollen offenbar immer noch nicht begreifen, was dort tatsächlich vorgeht.
Die Kritik an Minister zu Guttenberg, deren Motive Szenebobachter zutreffend beschrieben hat, kann ich nicht nachvollziehen. Ihm ist jedenfalls hoch anzurechnen, dass er bereits in den ersten Tagen seiner Amtszeit deutlich artikuliert hat, dass es sich um einen bewaffneten Konflikt handelt, auf den die Regeln des humanitären Kriegsvölkerrechts anzuwenden sind. Die von Thomas Wiegold angeführte Ausarbeitung von Christian Schaller (SWP) dazu sollte zur Pflichtlektüre aller Journalisten und Politiker gemacht werden, die meinen, sich zu diesem Thema äußern zu müssen.
Kommentiert von: Jürgen Ruwe | 13. Dezember 09 um 14:49 Uhr
1.
@Boris Barschow
Auf die Mandatsverlängerung hatte ich nur deshalb hingewiesen, da die Verlängerungen meist nur zurückverweisen und nicht nicht immer den vollen Text wiedergeben.
-> Die von mir zitierte ältere Drucksache ist hingegen fast vollständig (ich wollte lediglich Mißverständnisse bezüglich der Aktualität vermeiden).
2.
Die Änderung der RoE in der Taschenkarte und die Beseitigung einiger Deutscher „caveats“ (Deutsche Einschränkungen bezüglich der Ausübung des Mandates bei der ISAF-Führung)ermöglichen ein aktiveres Vorgehen gegen die Aufständischen.
-> Die Details wurden im Blog ausführlich behandelt.
Link:
http://wiegold.focus.de/augen_geradeaus/2009/06/neue-taschenkarte-in-sicht-.html
und
http://wiegold.focus.de/augen_geradeaus/2009/07/durchsetzung-des-auftrags-ohne-kawum-.html
Die vergrößerte Deutsche QRF war in diesem Jahr auch verstärkt aktiv tätig.
(Das Problem nach einer größeren „Offensive“ im Raum Kundus war lediglich, dass die ANA das „gesäuberte“ Gebiet nicht halten konnte bzw. keine dauerhaften Stützpunkte einrichtete.)
3.
Die lange Hängepartie mit den unzureichenden RoE war auch niemals Folge des Bundestags- oder UN-ISAF Mandates, die die Bekämpfung der Aufständischen erlauben (s.o.) sondern ist allein vom BMVg (Jung, Schneiderhan und Co. zu verantworten).
-> Das Thema RoE wurde natürlich im Verteidigungsausschuss debattiert (einige Abgeordnete haben damals sehr sachkundig für die Verbesserung gestritten.)
Das BMVg wurde quasi „zum Jagen getragen“, als es die längst überfällige Anpassung der RoE vornahm, es war aber keine Entscheidung des Bundestages.
4. Das Hauptproblem für die rechtliche Bewertung der Bomben von Kundus (und letztlich des gesamten Deutschen Einsatzes)
sind auch nicht die Mandate (UN und Bundestag)oder die RoE, sondern die Frage, welches (Straf-)Recht anzuwenden ist.
Einen Einstieg zu diesem Thema bietet die Zusammenfassung von Herrn Schaller (SWP). Vielen Dank an Herrn J.König und Herrn Wiegold für den Hinweis und den Link im Blog!
Nur wenn man das humanitäre Völkerrecht zugrunde legen darf, machen die RoE im Rahmen der Mandate Sinn!
Wenn die Generalbundesanwaltschaft und (viel maßgeblicher!)ggf. die zuständigen Gerichte zu dem Schluss kämen, dass weiterhin und ohne Einschränkungen nach deutschem Strafrecht zu entscheiden ist, können die Deutschen Soldaten ihren (Kampf-)Auftrag im Grunde genommen nicht erfüllen.
Das StGB sieht nun einmal die vorsätzliche Tötung von Menschen nicht vor und kommt nur über Rechtfertigungs- und Endschuldigungsgründe (Notwehr, Nothilfe etc.) zu Ausnahmen, die sehr eng gefasst sind.
(Jeder Jurastudent kennt den Krampf um den „finalen Rettungsschuß“ bei Geiselnahmen.)
Bisher hat KTzG sich – immer unter der Einschränkung als „seine persönliche Auffassung“ – dazu bekannt, dass es sich um einen „nichtinternationalen bewaffneten Konflikt“ handele, womit eine Bewertung nach dem humanitären Völkerrecht eröffnet wäre.
Welche Auffassung vertritt denn die Bundesregierung und das BMVg ganz offiziell und ohne „persönliche“ Einschränkungen?!
Kommentiert von: Thelamon | 14. Dezember 09 um 15:41 Uhr
Lesen Sie den Post die Situation in Kundus und das Völkerrecht beim FOCUS Blog.
Die Aussagen des einen “ Tankwagenlastfahrers, –
“ Abdul Marek “ 42 Jahre alt, – der das Spektakel live miterlebt hat, – ist im Spiegel-ONLINE-Politik, vom 13.12.2009 nachzulesen. Sehr interessant.
Er wurde am Tag nach dem Bombardement, – die Nacht verbracht er in einem Reisfeld, – von der afghanischen Polizei vernommenn. Seine Aussagen wurden in einem umfangreichen Untersuchungsbericht aufgenommen, und gingen an eine afghanischen Kommision, mit Vertretern
des Innenministeriums und anderen Sicherheitbehörden .
Es wird von 69 Taliban und 30 zivilen Opfern gesprochen.
Bei den Taliban sollen hohe Anführer dabei gewesen sein , so Addul Marek.
Da hat man nun die Aussage eines “ AUGENZEUGEN „,
und nudelt hier in Dtschl. noch immer im Untersuchungsausschuß rum, was denn wohl Sache gewesen war, – sein könnte, – läßt mehrere Menschen über die Klinge springen , und weiß, letztendlich immer noch nicht , wem man nun die Schuld in die Schuhe schieben könnte. In Afghanistan verstehen die Menschen diese Aufregung überhaupt nicht.
Die Grünen und die SPD reißen den Mund weit auf, – was sollen sie auch anderes machen, wenn sie schon in der Opposition sitzen müssen, – und versuchen dem neuen Verteidigungsminister ein Bein zu stellen , oder das Genick zu brechen .
Die haben ja auch keine Schuld, – nicht wahr ?
Nicht wahr ???????
Ich hoffe inständig, daß diese : verlogene , verschleiernde,
die Bevölkerung hinters Licht führende, abzockende, unzulängliche , betrügerrische usw.usw. Regierung endlich
aufwacht und kapiert, daß ihre Zeit, langsam aber sicher, ins Schwanken gerät.
Dank, – auch Herrn zu Guttenberg’s. Endlich ist da mal
Jemand !!