So: nun sind wir mal gespannt, was auf der AFG-Konferenz noch so beschlossen wird heute, was wir aus den vergangen Tagen noch nicht wissen. Hat sich ja eigentlich schon fast jeder über die neue Strategie geäußert – die Welt scheint sich einig zu sein. Ob wir nun aber mehr darüber erfahren, wie man Taliban zum Aussteigen bringt und ob die internationale Gemeinschaft kleine Kassenhäuschen in der Wüste aufstellt, um Stütze für die Gemäßigten auszuzahlen, müssen wir einfach mal abwarten. Wenn schon Bundeswehrsoldaten Milizen nicht von Taliban unterscheiden können, wer kann es dann? Nach Angaben von Amnesty International aus dem Jahre 2004, seien rund 70 Prozent der ausgebildeten afghanischen Soldaten und Polizisten zu den Insurgents übergelaufen. Und dass die Taliban nun schon beginnen, ihre Waffen bei den afghanischen Warlords zu kaufen, wissen wir seit dem 21.01.10 aus dem Afghan Recovery Report bei War and Peace Reporting IWPR.
Die sprichwörtliche Gefechtslage nach wie vor unverändert, ob da die neue Strategie greifen wird, ist fraglich. Und was mich am meisten nachdenklich stimmt, ist die Tatsache, dass die Internationale Gemeinschaft plötzlich nur noch vom Out-Datum spricht und spekuliert. Meines Erachtens nach der größte Fehler: Taliban & Co. können nun einfach gemütlich abwarten. Was wird eigentlich aus den Menschan am Hindukusch? Waren wir dort auch nicht u.a. zu einer humnitären Hilfe angetreten? Gilt jetzt nur noch das Motto: einach schnell raus? Obamas angekündigter Rückzug ab 2011 vielleicht auch eine reine Schutzmaßnahme für die Weiterxistenz der NATO? Den würde sie sich von den Terroristen aus dem Land (verbunden mit einer „militärischen“ Niederlage ) vertreiben lassen, wie damals die Russen, könnte sich das Bündnis fast auflösen, weil nicht mehr glaubwürdig. Und neuerdings erhalte ich SMS´sen vom Auswärtigen Amt zur neuen Strategie für Afghanistan, Terminhinweise für Interviews mit dem Außenminister und kleine Protokolle, was in den Teilnehmerkreisen in London so gesprochen wird. Pressearbeit 2.0 – ein Informationflow ohne gleichen, so verliert man leicht den Überblick, aber ich gehe davon aus, dass das nicht beabsichtigt ist!
Hintergründe zu den bisher stattgefundenen Afghanistan-Konferenzen.
Von 17 bis 19.15 Uhr senden wir auf PHOENIX einen Schwerpunkt zur Afghanistan-Konferenz, sprechen mit unseren Korrespondenten in London und Afghanistan, haben Militär- und Politik- und NGO-Experten im Studio – angereichert mit den neusten Dokus zum Thema und schalten zur Gewerkschaft der Polizei nach Berlin – und übertragen die Pressekonferenz aus London live.
Die Bewertungen vieler Journalisten sind eindeutig: keine Zuversicht nach der AFG-Konferenz. Ob die neue Strategie der internationalen Gemeinschaft greifen wird, zeigt sich erst in Jahren. Vielmehr sei diese Konferenz eher ein Eingeständnis des Scheiterns, so die Einschätzung des ZDF-Korrespondenten Thomas Walde eben auf Phoenix, denn sonst hätte sie ja gar nicht stattfinden müssen. Und die Rolle Deutschlands findet in London nicht unbedingt in erste Reihe statt – schließlich waren andere Nationen wie Canada, Niederlande und die USA, die schon viel früher von Ausstiegsszenarien sprachen. Deutschland als drittgrößter Truppensteller wohl nur Beiwerk auf dieser Konferenz. Im heute journal sahen wir gestern eine Reportage aus Kabul: die Afganis eher unzuversichtlich und bemessen der AFG-Konferenz keinerlei große Bedeutung zu. Und eine Überlegung wurde in den Medien noch nicht artikuliert: sind wir nicht in AFG angetreten, um den Terror zu bekämpfen? Wenn wir jetzt über den Rückzug debattieren, gehe ich davon aus, dass der Terror bekämpft und vernichtet wurde? Wahrscheinlich eher nicht, müssten wir doch dann nicht zusätzliche Truppen entsenden. karsai geht davon aus, dass die letzten Soldaten wohl erst in 15 jahren aus dem Land abziehen werden. Eine internationale Kommission soll ihm auf die Finger schauen wie er die Korruption bekämpft. Hätte man auch schon früher machen sollen. So jetzt beginnt die Pressekonferenz live auf PHOENIX, 17.30 Uhr.
18.00 Uhr: Westerwelle meint gerade, es beginne der Prozess der Übergabeverantwortung. Prof. Langguth von der Uni Bonn sagte zuvor, die Konferenz sei ein Versuch eines neuen Konzeptes, weil das alte nicht gegeriffen habe. Heißt eigentlich auf deutsch: wenn Plan A nicht funktioniert, dann eben Plan B. Wenn die Sicherheit Afghanistan aber noch nicht funktioniert, kann man dann schon überhaupt von Übergabeplänen reden?
Lesen Sie den Blogkommentar aus London vom NDR-Kollegen Christoph Heinzle bei tagesschau.de: Vom Gotteskrieger zum Minister – Taliban 2.0
C. Heinzle schreibt u.a.:
Und Kurt Beck hatte doch Recht?
Und mitten im Spektakel dann noch eine überraschende Feststellung. Der gerade aus dem Amt gewählte Rangin Dadfar Spanta, als Exil-Afghane mit langjähriger Deutschlanderfahrung so etwas wie “unser” afghanischer Außenminister, nutzte seinen letzten großen Auftritt für eine erstaunliche 180-Grad-Wende. Hatte er noch im Frühjahr 2007 den damaligen SPD-Chef Beck heftig abgewatscht für seine Idee einer Afghanistankonferenz mit Beteiligung “gemäßigter Taliban”, so warb Spanta heute im Auftrag seines Präsidenten für die neue Umarmungsstrategie und die bevorstehende Friedensversammlung mit Talibanbeteiligung in Kabul. In der Pressekonferenz zumindest. Interviews mit deutschen Medien verweigerte der sonst so redselige Spanta nach der Konferenz allerdings hartnäckig. Er habe sein Deutsch verlernt, witzelte Spanta, der noch vergangene Woche als Gastredner bei der SPD in Berlin und als Interviewpartner in den Tagesthemen recht flüssig auf Deutsch parlierte und heute in London durch mieses Englisch auffiel. Vielleicht war er am Ende des Tages des Redens ja nur müde. Oder wollte er einfach die Frage vermeiden, ob der viel gescholtene Kurt Beck doch Recht hatte damals?
Ich muss mal ganz inkorrekt Phönix dafür loben, ein Topmodel gefunden zu haben, dass die Sendung führt. Hab manchmal direkt Probleme den Thema zu folgen.
Danke Phönix. Übrigens, die Beiträge und die Gäste sind Top.
😉
pi
Danke. In unseren Schwerpunkten liegt unsere Stärke. Ich werde es weitergeben. Aber: PHOENIX wird immer noch mit OE geschrieben 😉 Und: es kommt auf die Inhalte an, nicht nur auf die Verpackung, oder? 😉
Diese Strategie darf nicht scheitern, sonst verlieren die USA und die Bündnispartner ihr Gesicht – sagte jemand diese Woche in einer der zahlreichen AFG-Sendungen. Aber, was wenn wir unser Gesicht verlieren?
Wird allen Nationen nicht wieder etwas vorgemacht, allen voran den Afghanen? Ist Papier mal wieder geduldig?
Ausbildung von ANA und ANP mit „mehr Präsenz in der Fläche“: Gibt es schon, kann in der Praxis meistens nur nicht angewandt werden, weil man erst einmal aus den Lagern herauskommen muss, wenn man fast täglich unter Dauerbeschuss und Angriffen steht! Davon hört man nichts in den Medien, trotzdem ist es so. Und dass dabei mit mehr Verletzten und Gefallenen – auch u. U. getöteten Zivilisten – gerechnet werden muss, das traut sich auch bislang nur VT zu Guttenberg vorsichtig zu äußern. Allzu laut darf er es wahrscheinlich nicht, sonst schießt seine Chefin und der Außenminister quer, nach dem Motto: Bloß nicht zu viele Wahrheiten und wenn dann wohldosiert und häppchenweise dem Volk zumuten. Da hat sich nichts geändert!
Schon heute arbeiten auch deutsche Soldaten mit ihren amerikanischen Kameraden gemeinsam nach amerikanischen Leitlinien in der Ausbildung der ANA zusammen, weil auch die Amerikaner überfordert sind und nicht genügend Leute haben. Deshalb haben sie Deutschland um Hilfe gebeten – auch darüber berichtet man nicht. Nur immer, dass die Deutschen es nicht alleine schaffen und die USA ihnen im Raum Kunduz jetzt zeigen muss, wie es besser geht.
Die deutschen Soldaten können und müssen also nach den gleichen Bedingungen arbeiten, wie ihre amerik. Kameraden, nur mit dem „kleinen Unterschied“, dass sie nicht die Ausrüstung zur Verfügung haben, wie eben die Amerikaner, weil daran spart der deutsche Staat, während der große Bruder (noch) klotzt. So sind selbstverständlich auch Nachtpatrouillen mit den afgh. Rekruten geplant, aber bitte wie durchführen, wenn es z. B. keine Nachtsichtgeräte gibt? Es gibt teilweise noch nicht einmal genügend Fahrzeuge. Und teilweise gibt es noch nicht einmal Afghanen, die man weiter ausbilden könnte – die Amerikaner kommen mit ihrer Grundausbildung nicht voran und/oder ein Teil der afgh. Soldaten ist verschwunden und so muss man der Dinge harren…
Ausbildung von afgh. Polizisten und Soldaten darf man sich nicht wie in einer deutschen oder amerik. Kaserne vorstellen – die Afghanen sind nur stundenweise überhaupt in der Lage und bereit, einem Unterricht zu folgen. Ein Tag geht drauf für Religionsunterricht, der nächste Tag ist „Sonntag.“ Und so bewahrheitet sich wieder einmal das Sprichtwort: Wir haben die Uhr, die Afghanen die Zeit…
Aber Papier ist geduldig und die Verantwortlichen hier haben nicht den blassesten Schimmer von der Realität am Hindukusch. Da stellt sich der Bundesinnenminister gestern im „Morgenmagazin“ hin und erklärt fast minutiös wieviel Polizisten in welch kurzer Zeit wieviel Afghanen ausbilden können und das würde summa summarum soundsoviel ergeben… Ach, wenn Du wüsstest! Denn die Polizei hat mit den gleichen Schwierigkeiten und „kulturellen Voraussetzungen“ zu tun.
Und bei dieser ganzen klugen Hochrechnerei müsste man doch erst einmal die entsprechende Zahl von afgh. Anwärtern haben, woher die kommen sollen, sagt uns auch niemand.
Der Beruf des Polizisten und des Soldaten ist in diesem Land nicht gerade hoch angesehen und wird zudem unterbezahlt. Wenn es in den letzten 8 -9 Jahren nicht genügend Bewerber gab, und viele von den Vorhandenen getötet, gefallen oder auch abtrünnig geworden sind, womit will man sie denn jetzt locken? Da müsste sich in der Bezahlung aber einiges tun – und ob Präs. Karzai dazu in der Lage und bereit ist, darf bezweifelt werden. Ob der Westen dafür dringend benötigte finanzielle Mittel freigibt, davon habe ich noch nichts gehört – vielleicht steht es ja im „Kleingedruckten“, aber das wäre mal eine Maßnahme gewesen.
Es gäbe eine Menge von „Realitäten“ in Sachen ANA-Ausbildung zu berichten, aber wie bekannt, hat man einen Maulkorb umhängen – nur das, was jetzt als neue Strategie gepriesen wird, ist nicht wirklich neu. Die Soldaten schütteln nur entgeistert den Kopf und fragen sich wiederum, was geht im deutschen Staate und den Bündnispartnern eigentlich vor, wissen die Verantwortlichen eigentlich, von was sie reden? Die Politiker werfen weiter mit Nebelkerzen um sich, wie viel Jahre werden jetzt wohl wieder ins Land gehen, in denen man „Lieschen Müller“ die Wahrheit vorenthält und die „Ausbildung mit Präsenz in der Fläche“ wieder zu einer Friedensmission verkauft?
Ich habe bereits die ersten „Missverständnisse“ ertragen dürfen…
Nein, ich fühle mich in meiner eher „verhalten pessimistischen“ Vorahnung im Vorfeld der Konferenz bestärkt, außer Spesen nicht viel gewesen.
Und doch würde gerade ich mir einen durchschlagenden und schnellen Erfolg des „letzten Aufgebotes“ wünschen – denn dann hätte der Albtraum Afghanistan endlich ein Ende und „Muttern“ könnte wieder ruhiger schlafen. Bis zum nächsten Krisenherd irgendwo auf der Weltkugel – da mache ich mir bzw. wir uns nichts vor!
So. Nun habe ich treffsicher alle wichtigen Fernsehtermine, auf jeden Fall die Schwerpunkte, verpaßt. Ich hoffe, daß die interessanten Sache wiederholt werden oder auf youtube auftauchen.
Als Entschädigung durfte ich vorhin auf dem ZDF (Heute) mit ansehen, wie Westerwelle mit seinem Wunschdenken geputzt, geschuppt, filettiert und ausgebraten wurde.
Die Journalistin war (ich war glatt verblüfft!) umfassend informiert und lieferte sich keinen Platitüdenaustausch, auf den Westerwelle mit seiner „Strategie“ wohl vorbereitet war, sondern legte all die Dummheiten des Einsatzkonzepts offen: Angefangen von dem Irrwitz, mit ein paar Millionen gegen Milliardäre um Lohnzahlungen konkurrieren zu wollen, über das Problem, ob man den Talibanaussteigern etwa Leibwächter spendieren wolle, hin zur Frage der nicht vorhandenen und auch nicht zu besorgenden Polizeiausbilder.
Mich hat bisher noch kein Außenminister dermaßen enttäuscht. Vielleicht dient ihm dieser ziemlich katastrophale Auftritt als Wecksignal.
Hmmm. Tagesthemen? Auf ZDF Info? Ich bin jetzt verwirrt.
…in den letzten Monaten hatten wir einen Informationsoverkill Afghanistan. Ich hoffe, dass dieser Schuss nicht nach hinten losgeht und das gesellschaftliche Interesse dann noch weniger messbar ist als vorher überhaupt war…
Das wird vermutlich nicht passieren, da der Afghanistankrieg keine sonderlich rege Presselobby hat.
Die Redaktionen werden nach einer Weile (im Schnitt etwa 4 Wochen, oder?) das Interesse verlieren, und die Berichterstattung stark reduzieren.
Wir hatten jetzt einen Regierungswechsel, wir hatten das Kundusbombardement, wir haben eine SPD, die gegen ihre eigene Regierungspolitik opponiert, wir haben jetzt die Konferenz.
So eine Häufing schiebt natürlich die Berichterstattung überdurchnittlich stark an.
Das Interesse wird nachlassen, aber die Berichterstattung wird wohl nicht soweit übertrieben werden, daß das Pendel umschwingt.
(Ganz anders als beim Klimawandel beispielsweise.)
Phoenix hat hier aber sowieso einen privilegierten Stand, da dieser Sender bisher von Telenovelas verschont blieb und einfach Informationen bringen darf.
…aber jetzt hätte die Presse doch endlich einen investigativen Ansatz: gucken, ob den Worten auch die versprochenen Taten folgen. Zu Beginn der Mission vor acht Jahren war das ja alles noch irgendwie exotisch und gewöhnungsbedürftig. Schade, dass sich so wenig Anstalten trauen, Reporter ins Land zu schicken oder vielleicht mehr. Afghanistan bringt keine Quoten und steigert keine Auflagen. Dennoch finde ich, ist es die moralische Pflicht eines jeden Journalisten, die Öffentlichkeit auch bei unbequemen Themen mit der Nase in selbige hineinzustuppen, weil sie unterm Strich auch auch alle angehen. Deswegen blogge ich hier auch und schwimme gegen den Strom. Und selbst die Einsatzgegner gehen nicht mal mehr auf die Straße. Ich gebe zu: es ist nicht einfach, solch eine Mission unter 60 Nationen auf einer Konferenz zu koordinieren. Aber genau dort liegt das Problem. Jedes Land kocht sein eigenes Süppchen – immer noch! Es ist und bleibt kompliziert, deshalb sollten wir diese Probleme nicht nur auf Quoten und Auflagen reduzieren. Wir haben auch eine menschliche Verantwortung – oder sieht das hier jemand anders??????
Politische Erfolgskontrolle ist wahrscheinlich die nobelste Aufgabe für einen politischen Journalisten. Inwiefern die Redaktionen da wachsam bleiben, weiß ich ja nicht. Aber mit dem Internet ist ja das Publishing wieder bei den Bürgern angekommen. Das war zuletzt zu Shakespeares bzw. Goethes Zeiten so!
Guter Journalismus hat wieder eine Zukunft jenseits von Senderstrategien und Richtungsentscheidungen.
Und Bücher werden sich vermutlich auch immer verkaufen.
Die sind einfach der Tieflader bei der Informationsvermittlung.
Selbst ISAF hat eine sogenannte Erfolgskontrolle: das Fusion Center, unter amerikanischem Lead, als Stab im Stab könnte man fast meinen. Die sollen überprüfen, ob die gesetzten Ziele auch erreicht werden. Wäre ja mal gespannt, was die so zu berichten haben…
Hmmmja. Klingt lecker. 🙂
[…] ein paar Terror/Tet-Offensiven aus, und schon würde man das Land am liebsten sofort wieder den “gemäßigten Taliban” in den Rachen […]
Masse statt Klasse – es gibt Tage, da wünscht man sich fast, es würde eher weniger berichtet oder besser: Manch einer würde seinen Mund halten!
War schon ein blamabler Außenminister u. a. im „heute-journal“ zu ertragen: Er schien selbst von sich so überzeugt zu sein, dass er der Staatengemeinschaft klar gemacht, wo es nach neun Jahren des Nichtstuns lang zu gehen hat. Fragen einer von mir ansonsten nichts besonders geschätzten Marietta Slomka, die ihn mit ihren nachbohrenden Fragen förmlich vorgeführt hat, wurden wie immer nicht beantwortet – da ist schon ganz der geborene Diplomat, scheint aber dem Berufspolitiker schlechthin schon fast in die Wiege gelegt zu sein. Vielleicht ist dies auch eine Zugangsvoraussetzung im Bewerbungsschreiben.
Aber die Krone setzten dem Ganzen Desaster gestern Abend bei Maybritt Illner ein schier unerträglicher Dirk Niebel und eine noch schlimmere Claudia Roth auf:
Persönlicher Kleinkrieg bis ins Feinste, Parteiengezänk und Volksverdummung: Da behauptet der FDP-Mann doch allen Ernstes, man habe „schon immer“ und „von Anfang an der Beteiligung Deutschlands“ von einem „Kampfeinsatz“ gesprochen, nie von etwas anderem. Worüber haben wir hier eigentlich immer diskutiert und gefordert? Wir scheinen blind und taub gewesen zu sein 😉
Frau Roth begreift einfach nicht – wie sie wiederholt betont – was da eigentlich abgegangen ist und abgehen wird.
Ich frage mich entsetzt, wo diese Herrschaften, die alle als Bundestagsabgeordnete mit ihrer Gewissensentscheidung an mehrmaligen Mandatserteilungen bzw. -verlängerungen beteiligt gewesen waren, eigentlich waren – auf einem anderen Planeten, im Wolkenkuckucksheim. Und diese beiden sind leider kein Einzelfall, wie sich täglich mehr herausstellt.
Solche Leute tragen mit dazu bei, dass das Volk lieber den Ausknopf bzw. Umschalttaste drückt – es war und bleibt Unerträglich!
Bereichernd dagegen die Ausführungen von Menschen, die einen erweiterten Horizont besitzen und/oder auch Kenntnisse von diesem Land und den Menschen haben, die wissen, dass die Realität eine völlig andere ist und deshalb den Kopf teils entsetzt, teils amüsiert schütteln, wenn man von Aussteigerprogrammen für gemäßigte Taliban spricht: Uli Gack sagt, er habe noch keine gemäßigten Taliban kennen gelernt. Und spricht endlich die Dinge aus, auf die man so lange von Politikern gewartet hat: Es geht hier gar nicht um Afghanistan und die Menschen, es ist ein reiner Stellvertreterkrieg. Rupert Neudeck sieht auch nur eine Fortsetzung der alten Versäumnisse und schildert wie Gack die „kulturellen Besonderheiten“ dieser Clan- und Stammesgesellschaft. Erfrischend und bereichernd auch Josef Joffe, Mitherausgeber der „Zeit“.
Ein Tipp an alle Fernsehmacher: Lasst die Selbstbeweihräucherer und Parteienkämpfer im Bundestag, und macht endlich Sendungen, bei denen Volk nicht abdreht, sondern Kenner Wahrheiten und Interessantes aus dem Land am Hindukusch berichten. Dieses Land hätte es verdient, wie viele andere übrigens auch (s. Haiti), erklärt zu werden – das wäre ein Weg, die „Lieschen Müllers“ zu erreichen und vielleicht zu sensibilisieren.
Eine Frage, die sich mir bei der „neuen Strategie“ auch stellt: Wie will man eigentlich diese Aufstockung der Soldaten auf Seiten der USA und Deutschland logistisch bewältigen? Schon jetzt platzen die amerikanischen und deutschen Feldlager aus den Nähten, schon jetzt gibt es nicht genügend Ausrüstung?
Stocken übrigens die anderen Nationen ihre Truppen ebenfalls auf? Und wenn ja, in welcher Höhe, immerhin hat man auch den Abzug einiger Truppen wie aus den Niederlanden und Kanada zu kompensieren?
Ich habe Illner mit einem halben Schreikrampf abgeschaltet. Die Roth ist einfach unfaßbar. Es gibt keinen anderen Fall, wo mir fremder Leute Dummheit solche Schmerzen bereitet.
Dieses nur auf pawlowsche Reflexe aufgeschaltete Gejaule ohne jeden Kontakt zu Denkvermögen und Wirklichkeit war einfach zu viel für mich.
Uli Gack hat im Übrigen voll und ganz bestätigt, was Helga D. weiter oben beschrieb und auch wovon ich persönlich Kenntnis habe: Die Realität in den Feldlagern und an der Front ist eine vollkommen andere, als die Märchenstunden, die alle Politiker uns hier erzählen wollen. Die Soldaten sind entsetzt und wissen langsam nicht mehr, ob sie eher lachen oder weinen sollen!!! Ich bewundere deren Mut und Durchhaltevermögen, weiter ihren Kopf hinzuhalten für diese Märchengestalten! Sie sind bereit zu kämpfen, aber sie müssen dürfen und auch können, nicht sie sind überfordert, es sind unsere letzten drei Regierungen incl. aller Abgeordneten!
@ Klaus
Da möchte ich der Märchenstunde von „Schneewittchen und ihren sieben Zwergen“ eine tatsächliche Begebenheit entgegenhalten, lediglich Namen und Ort der Handlung ist aus „Geheimhaltungsgründen und Datenschutz“ verändert worden:
Ein Schreinermeister gibt seinem besten Gesellen den Auftrag zur Fertigung einer Kommode, die nicht nur schnellstens den Umsatz und Gewinn des Betriebes steigern, sondern auch das Ansehen bei den Kunden und Auftraggebern verbessern soll. Er händigt ihm dazu das benötigte Holz aus – Säge, Hammer, Nägel und Leim enthält er ihm vor, auf wiederholtes und unnachgiebiges Drängen gibt er ihm wenigstens eine Nagelfeile und eine Laubsäge. Denn dieser Schreinermeister gilt unter seinen Innungsbrüdern nicht gerade als kluger Geschäftsmann, sondern auch als geizig und besserwisserisch.
Sollte dieser willige und gute Geselle jemals diese Kommode zu Ende bringen können, wird sie in ihrer Qualität wirklich gut zu verkaufen sein? Vermutlich nicht! Dieser Supermeister übertraf sich aber noch: Er bezichtigte seinen besten Gesellen und seine bislang loyale Stütze seines Betriebes öffentlich der Unfähig- und Unwilligkeit. Der kluge Geselle vollzog seine innere Kündigung, versah seinen „Dienst nur noch nach Vorschrift“ und schaute sich, auch in Zeiten von Finanz- und Wirtschaftskrise, nach einem besseren Job um…
Der kluge und gute Geselle war schlauer als sein Meister, er stellte ihn öffentlich nicht bloß, denn er wollte die Arbeitsplätze seiner Kollegen nicht gefährden, aber abends am Stammtisch und auf der Kegelbahn, da erzählte er die Geschichte vom „dummen Meister“ und so kam sie irgendwann bei den Innungskollegen an, die sich mit Häme kaum zurückhalten konnten.
Und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute – die Dummen sterben nämlich niemals aus!
@helga
Tusch und Narrhallamarsch… 🙂
@Helga
D`accord!
Ohne wirklich Plan zu haben, quasi als Überlegung eines Laien:
50 Millionen in 5 Jahren von Deutschland für die „Aussteiger“ macht 10 mio. € im Jahr: warum nicht in ANA und / oder ANP investieren (Gehälter steigern!!)?
– Es würden sich vielleicht mehr und vor allem geeignetere Kandidaten melden wenn der Lohn entsprechend höher ausfällt.
– Den „gemäßigten Taliban“ könnte freigestellt werden, in die ANA oder ANP einzutreten (verteilt auf verschiedene Einheiten in anderen Landesteilen). Die bräuchten sich dann nicht vor Racheakten zu fürchten und wären isoliert von ihren Mitaufständischen (zumindest mehr als jetzt). Wie man so liest, waren scheinbar viele von denen schon mal bei ANA/ANP bevor sie desertiert sind, vielleicht kommen sie zurück (dann mit „Taliban-Insiderwissen“). Diese „(Re)Integrationsmaßnahme“ würde doch die Bezeichnung Aussteigerprogramm verdienen, oder?
– Diejenigen, die nicht geeignet sind, werden dann aus dem Aufbauhilfefonds bedient, d.h. es wird ihnen ein Job angeboten / Kleinprojekt finanziert etc.
Viele Detailfragen wären zu klären aber es wäre ein Ansatz 🙂 Und nun viel Spaß beim zerpflücken dieser Idee…
MK
Sorry, ich wollte eigentlich nicht mehr. Aber es kribbelt in den Fingern. Nach zwei Stunden PHOENIX – Dukos, und
“ Berlin Mitte- Maybritt Illner “ kann man sich einfach nicht raushalten.
Raus aus Afghanistan, aber wie ?
“ Berlin Mitte “ bot dazu reichlich Gequatsche . Nur ZDF-Reporter Uli Gack und “ Cap Amamur-Gründer “ Rupert
Neudeck boten Einsichten, die von sehr viel Erfahrung zeugten.
Der neueste Clou : So etwas wie Hartz IV für Taliban-Millionäre , auch für Alleinschießende, mit Aufstockung im Zivilen, und einer Aussteigeperspektive, durch die viele der Gotteskrieger ruhig gestellt werden sollen.
Ich meine, auf Frieden mit den Taliban zu hoffen, wäre ungefähr so, als hätte Helmut Schmidt der Baader-Meinhof-Bande eine große Koalition angeboten.
Die neuen Wörter , des noch frischen Jahres 2010 sind bereits erkoren: Als erstes “ Strategiewechsel „. Dann folgt schon ganz schnell die “ Abzugsperspektive „, die selbstredend , durch einen geputzten Korridor einherschreiten muß, wie der Vorsitzende, der letzten noch verbleibenden “ Friedensweltmacht “ , Hobbyhistoriker und SPD-Chef Sigmar Gabriel , sein Reagenzglasbaby nennt.
Daraus das Fazit wäre: Wer verfrüht von Abzug redet, macht die Taliban stärker.
Dann folgt sofort auf dem Fuße “ Vorrang für zivilen Aufbau „, um am Ende das Ziel zu erreichen:
“ Selbsttragende Sicherheit in Verantwortung „.
Wenn es geht, am besten schon morgen früh.
Das nächste Stichwort:
Das “ korrupte Karsai-Regime “ in Kabul, das kann doch kaum eine legitime Autorität erreichen !?
Aber man will nun , ausgerechnet diesem Regime, mehr
“ Verantwortung “ übergeben.
So beißt sich, nach wie vor, die Katze in den Schwanz, und
wieder einmal gelang die Quadratur des Kreises nicht.
Außer Spesen , mal wieder, nichts gewesen.
Herzlich willkommen zurück liebe Gisela L. Wusste ich´s doch…Sie kommen wieder 🙂
Aber gerecht! Gerecht muß es dabei zugehen! (Claudia Roth)
Vielleicht soetwas ? 😉
http://wiedenroth-karikatur.de/02_PolitKari100127_Afghanistan_Konferenz_Fonds_Taliban_Aussteiger_Westerwelle.html
Das ist doch nicht gerecht. Da bekommt ja der Drogenbaron genausoviel wie seine Putzfrau! Typisch FDP!
Das muß sozial gerecht zugehen. Komplett mit Einkommensteuererklärung, Bedürftigkeitsprüfung, Nachhaltigkeitsprognose, energetischem Planetenrettungsprogramm und CO2-Koeffizienten, Minderheitenförderung und Gender Mainstreaming.
Ganz unbürokratisch und praxisgerecht.
[…] ein paar Terror/Tet-Offensiven aus, und schon würde man das Land am liebsten sofort wieder den „gemäßigten Taliban“ in den Rachen schmeißen. Gefällt mir:LikeSei der Erste, dem dieser post […]