Die Berichterstattung und die Hintergründe des Tanklasterbombardements vom 4. September bei Kundus nehmen immer „groteskere“ Formen an. Die Befragung zweier Generäle vor dem gestrigen Untersuchungsausschuss wurde nach einem Spiegel-Artikel verschoben.
Der Spiegel berichtet:
Paukenschlag im Kunduz-Ausschuss: Wegen eines SPIEGEL-ONLINE-Berichts wurde die Vernehmung zweier Generäle verschoben. Ihnen war früh bekannt, dass Zivilisten beim Tanklaster-Bombardement umgekommen sein könnten – doch die Hinweise wurden nach SPIEGEL-Informationen (von gestern) aus internen Systemen gelöscht.
Wer wusste wann was über die zivilen Opfer beim Luftschlag von Kunduz am 4. September? Das ist eine der wichtigsten Fragen, die der Untersuchungsausschuss des Bundestags klären muss. Dazu werden auch führende Offiziere der Bundeswehr als Zeugen vernommen. An diesem Donnerstag sollten der Befehlshaber des Einsatzführungskommandos, Generalleutnant Rainer Glatz, und der damalige Kommandeur des Regional Kommandos Nord in Masar-i-Sharif, Brigadegeneral Jörg Vollmer, vor dem Ausschuss in Berlin auftreten.
Nach Aktenvermerken, die dem SPIEGEL vorliegen, ging es den deutschen Offizieren offenbar darum, das tragische Bombardement innerhalb der Isaf und der Nato herunterzuspielen. Der für das Nachrichtenwesen zuständige Offizier im Bundeswehrstützpunkt PRT-Kunduz erstattet täglich Bericht. INTSUM, für Intelligence Summary, heißen diese Meldungen, die über das interne Netz der Isaf verbreitet werden. Am 4. September stellt der Offizier INTSUM Nummer 247 dort ein. Geschmückt mit zwei Luftaufnahmen vom Flussbett bei Kunduz meldet er um 15:30 Uhr unter Punkt 3.3 auch den aktuellen Informationsstand zum Luftschlag der vergangenen Nacht.
Pflichtschuldig und detailgetreu berichtet er von möglichen Zivilisten unter den Opfern: Es sei wahrscheinlich, dass die Aufständischen den Treibstoff der feststeckenden Wagen an die lokale Bevölkerung verteilt hätten, notiert er. Und: „It cannot be excluded that civilians were among the casualties“ – Es sei nicht ausgeschlossen, dass auch Zivilisten bei dem Luftschlag ums Leben gekommen seien. Lange bleiben diese Informationen nicht im militärischen Netz. Schon dreieinhalb Stunden später sind sie gelöscht. (mehr auf Spiegel.de)
Das Blog Soldatenglück schreibt dazu:
Wegen des möglichen Geheimnisverrates aus den Akten an das Magazin SPIEGEL soll die Staatsanwaltschaft ermitteln. Wenn sich allerdings ein “befohlenes Tilgen”, das der SPIEGEL durchblicken lässt, im Lagebericht erweisen sollte, stehen die beiden Generäle unter Beschuss und könnten wegen des Kunduz-Luftschlages und seiner Folgen – wie auch schon General Wolfgang Schneiderhan – als politischer Beamte (ab B3, BrigGen) vorzeitig in den Ruhestand versetzt werden. Dann hätte im Ergebnis zum wiederholten Male der schwacher politische Verteidigungsminister Jung, der die Begrifflichkeiten und die Wahrheit über Krieg und Kriegsopfer nie wahrhaben wollte, hohe Bundeswehr-Offiziere zur Unwahrheit verleitet. Man (die verantwortliche Generalität) kann sich nicht bei der Begründung für die militärische Erfordernis des Luftschlages auf Informationen des Militärischen Nachrichtenwesen (J2) stützen, aber die Informationen derselben Stabs-Abteilung beim Lage- und Schadensbild danach mit erheblichen zu erwartenden Implikationen im Einsatzraum und darüber hinaus als spekulativ oder unbestätigt verwerfen oder bewußt verschweigen. (mehr auf Soldatenglück.de)
Also diese ganze Diskussion, dieser ganze vermeintliche, aufgebauschte Skandal darum wer, wann, was gewußt oder nicht gewußt hat, berichtet aber nicht geschrieben, geschrieben aber nicht weitergegeben, weitergegeben aber nicht ins Netz gestellt, berichtet, weitergegeben und ins Netz gestellt aber dann wieder gelöscht hat, wer was wann in welchem Bericht gelesen aber für nicht berichtenswert, welchen Bericht an welchen anderen Bericht gehängt hat ohne den Anhang zu lesen, das alles kann doch kein normal denkender Mensch ernst nehmen, erst recht niemand, der selbst im Einsatz gewesen ist. Das ist Politklamauk und Berliner Kasperletheater übelster Art. Eines sollte vor allem den Herren der SPD, die jetzt so wild über die Generalität herfallen, klar sein, die Bundeswehr hat sich nicht selbst nach Afghanistan aufgemacht sondern ist unter Kanzler Schröder durch ein Bundestagsmandat dorthin gesendet worden und das ganze unter dem Stichwort „uneingeschränkte Solidarität“. Was die Soldaten in Afghanistan von der Berliner Politik erfahren hat mit Solidarität sehr wenig zu tun. Mir tun meine Kameraden dort nur noch leid, die sich diesen Mist anhören müssen und für diese Politiker ihre Knochen hinhalten.
„Geschmückt mit zwei Luftaufnahmen vom Flussbett bei Kunduz meldet er um 15:30 Uhr unter Punkt 3.3 auch den aktuellen Informationsstand…“ – was meinst du damit?