Deutschlands oberste Staatsanwälte starten ihre Ermittlungen gegen Oberst Klein: In dieser Woche müssen der Bundeswehrkommandeur, sein Flugoffizier und zwei weitere Soldaten in Karlsruhe zum umstrittenen Bombenbefehl von Kunduz aussagen. Um eine Anklage wegen Kriegsverbrechen werden sie wohl herumkommen. „Ich weiß, dass durch meine Entscheidung Menschen gestorben sind. Es ist daher selbstverständlich, dass diese Entscheidung überprüft wird.“ Diese Sätze stammen von dem deutschen Oberst Georg Klein. Mit ihnen begann er am 10. Februar 2010 um kurz nach 11 Uhr seine Aussage vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags. Mehr als fünf Stunden lang verteidigte er damals seinen Befehl, am frühen Morgen des 4. Septembers 2009 zwei tödliche Bomben über einem Flussbett nahe der nordafghanischen Provinzstadt Kunduz abzuwerfen.
Für seine offenen Worte vor dem Bundestagsgremium erntete Klein viel Respekt. Diese Woche nun muss sich der deutsche Oberst bei der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe rechtfertigen. Seit dem 12. März ermittelt die Behörde offiziell gegen ihn und den Flugleitoffizier Markus W. wegen eines möglichen Verstoßes gegen das Völkerrecht. Will heißen: Die Ermittler sollen herausfinden, ob der Bombenangriff, bei dem auch viele Zivilisten ums Leben kamen, ein Kriegsverbrechen war oder nicht.
Nach Informationen von SPIEGEL ONLINE haben Deutschlands ranghöchste Fahnder außer Klein und dem nach dem Bombenabwurf zum Oberfeldwebel beförderten W. auch noch den an dem Befehl beteiligten Geheimdiensthauptmann N. und den Hauptfeldwebel V. als Zeugen vorgeladen. Beide gehören zur geheimen „Task Force 47“, die etwa zur Hälfte aus Elitesoldaten des Kommandos Spezialkräfte (KSK) besteht. Nach Aussagen der Bundeswehr ist jedoch nur V. ein KSK-Mann, er soll in der Nacht das Protokoll der Ereignisse verfasst haben. (weiter auf Spiegel.de)
Morgen wird im Kundus-Untersuchungsausschuss des Bundestages die dritte Person aussagen, die in der Folge des Luftschlags vom 4. September 2009 in Afghanistan den Posten verloren hat. Franz Josef Jung steckte nach der Bundestagswahl Ende September schon in den ersten Auseinandersetzungen in seiner neuen Aufgabe als Arbeitsminister, als ihn die Nachwirkungen des Geschehens am Kundus-Fluss einholten, das er noch als Verteidigungsminister zu verantworten hatte. (weiter auf Welt.de)
PHOENIX wird morgen parallel zur Bundestagsdebatte in den Abstimmungspausen immer wieder über den Stand der Dinge berichten. Nutzen Sie auch den Livestream auf phoenix.de.
Ist „Red Baron“ der JTAC nicht turnusgemäß zum Hauptfeldwebel befördert worden ??
Das ist deutsche Sicherheitspolitik wie sie leibt und lebt: Die eigenen Soldaten werden wie Kriminelle behandelt, wenn sie ihren Auftrag ausgeführt haben. Niemals vor Gericht kommen hingegen grundsätzlich Aufständische, die noch nicht einmal festgenommen werden dürfen. Mit einer inkompetenten politischen Führung, die solche Absurditäten stolz als „Vorrang vor Zivil“ etc. verteidigt, braucht man eigentlich keinen Feind mehr.
Das Ermittlungsverfahren hat für Klein und seinen Flugleitoffizier den Vorteil, dass der Fall nach einer förmlichen Einstellung abgeschlossen ist und nicht wieder aufgerollt werden kann. Ohne die Ermittlungen hätte der Fall dagegen immer wieder aufgenommen werden können.
pi
Das Ermittlungsverfahren hat auch den Vorteil, kein politisches Werkzeug zu sein, mit dem jeder dann versucht, sein Süppchen zu kochen (oder jemand anderem vors Schienbein zu treten).
Ein Ermittlungsverfahren kann auch durchaus sehr politisch sein. Wäre das Verfahren z.B. noch in Potsdam anhänglich, welches bekanntlich in Brandenburg liegt, wo wiederum eine rot-ganz rote Regierung herrscht, dann wäre ich mir nicht so sicher, dass das Verfahren unpolitisch ist.
Hab mal ne generelle Frage: Wie machen das andere Nationen? Es gab ja nun bereits einige Hochzeitsgesellschaften, Marktplätze und einfach im Rahmen der force escalation zivile Tote. Nicht nur von den Amis.
Ich finde die Untersuchung sinnvoll, auch wie sie jetzt verläuft. Am Stil muss sich natürlich einiges ändern. Leider sind Präzidenzfälle immer etwas heikel und für den Oberst extrem sch…..
Bei künftigen Anlässen wird das hoffentlich schneller gehen, da ja jetzt rechtlich klargestellt wurde, das nicht das StGB gilt.
pi
SiPol,
während der ehemalige Verteitigungsminister erklärt, „es sei alles richtig gelaufen“, ermittelt der Generalbundesanwalt gegen Oberst Klein wegen eines Kriegsverbrechens. Darin besteht inzwischen die Vorrangstellung der Politik gegenüber dem Militär. Und während Oberst Klein zu seiner schweren Verantwortung steht, dabei von den Abgeordneten des Untersuchungsausschusses zurecht respektiert wird, tauchen die politisch Verantwortlichen ab und erklären, „es sei alles richtig gelaufen.“ Gibt es noch eine Möglichkeit, die Verkommenheit der Politik deutlicher werden zu lassen?
Wuste nicht wo ich es rein bringen sollte. Aber es passt irgendwie doch fast überall.
Bild schreibt am 27.03.2010 auf Seite 2:
„So empfängt Deutschland britische Afghanistan-Truppen“
„Hameln – Das ist deutsch-britische Freundschaft: 300 Soldaten der Rheinarmee marschierten gestern in Kampfanzügen durch die Innenstadt von Hameln (Niedersachen, Foto). Die von einem Afghanistan-Einsatz zurückgekehrten britischen Pioniere wurden von der Bevölkerung mit Beifall und Fähnchen begrüßt. Die Stadt hatte 1977 festgelegt, sich mit den 1500 in Hameln stationierten Soldaten gemeinsam für ein freies Europa einzusetzen. (deli)“
Finde den Artikel leider nicht online. So lang ist er ja nicht. Habe ihn einfach mal abgeschrieben. Die BILD als ungekrönter König der Überschriften, läßt sowas natürlich auch nicht zufällig plumpsen.
Kann mir die Reaktion von StFwdR insbesondere aber auch von anderen lebhaft vorstellen.
Ich schließe mich mal wieder an 😉
Muss mich verbessern. Wer lesen kann ist klar im Vorteil 😉
Überschrift heißt:
„So empfängt Deutschland eine britische Afghanistan-Truppe“