Bestenfalls ein „freundliches Desinteresse“ hat Bundespräsident Horst Köhler bei den Deutschen ausgemacht, wenn es um die Bundeswehr geht. Soldaten, die auf Geheiß des Bundestags in Afghanistan und anderswo auf dem Globus ihr Leben aufs Spiel setzen, haben noch keinen Platz gefunden in der Öffentlichkeit.
Das Problem sieht Reinhold Robbe, Wehrbeauftragter des Bundestags, in der fehlenden Empathie und dem mangelnden Interesse für das, was die Soldaten tun. Um das zu ändern hat der SPD-Mann schon ein paar Ideen: So könnten die Kirchen einmal im Jahr ein Fürbittengebet für die Soldaten sprechen und die Gewerkschaften der Bundeswehr am 1. Mai für den Frieden danken. Auch Bücher, Filme und Debatten der intellektuellen Eliten über Fragen der Bundeswehrsoldaten fehlten.
Doch es gibt auch Bewegung: Pop-Größen wie Sarah Connor und Peter Maffay, der Schauspieler Ralf Möller oder der Komiker Wigald Boning fahren zu Truppenbesuchen nach Afghanistan. Und immer mehr Fußballklubs signieren ihre Trikots und schicken sie in Feldlager. Es scheint sich etwas zu ändern, das spürt auch Monica Melloh (58). Die Krankenschwester aus Oldenburg ist Gründerin des „Gelben Netzwerks der Solidarität“. Vor drei Jahren hatte sie die Idee, die Soldaten im Auslandseinsatz zu unterstützen – mit der Produktion von gelben Bändern, die sich als Schleife am Revers oder gedruckt auf T-Shirts tragen lassen. (mehr auf welt.de)
Lieber Boris.
Was kann man denn tun? Wenn man gegen Einsätze wie den in Afghanistan ist und gleichzeitig weiss, dass Soldaten ihr Leben dort unten verlieren?
Das fehlen einer öffentlichen Debatte liegt nicht zwingend an Desinteresse. An fehlender Empathie noch weniger. Im Gegenteil. Ich finde den Einsatz fremder Mächte in Afghanistan falsch. Der Tod und das Leid deutscher Angehöriger ist aber real. Wie könnte ich mich also dazu äussern, ohne die Trauernden zu verletzen?
Diese Schweigen zeugt eben gerade von Empathie und Rücksicht.
Nein Patrick. Schweigen ist kein Zeichen von Empathie. Schweigen ist Gleichgültigkeit.
Jeder DARF gegen den Einsatz von Militär in AFG sein… sollte das aber auch klar begründen können und nicht aus einen Bauchgefühl im Mainstream schwimmen.
Jeder MUSS solidarisch mit den Soldaten sein.
Ausdruck dieser Meinung kann die gelbe Schleife sein. Schreiben sie darauf „Bringt unsere Truppe/Jungs nach Hause“. Das ist ein sichtbares Zeichen der Verbundenheit mit den Soldaten bei gleichzeitiger Ablehnung des Einsatzes. Ist doch gar nicht so schwer.
pi
Es ist halt das große Problem in Deutschland, das die Bevölkerung nicht so recht differenzieren kann, zwischen Soldaten und der Politik. Pi hat schon das Stichwort erwähnt. Die gelbe Schleife ist ein Zeichen für Solidarität mit den Soldaten. Sie ist aber kein politisches Statement für irgendeine Ideologie oder Ausrichtung. Wenn wir uns mal z.b nach Kanada wenden, dort ist der Afghanistaneinsatz genauso unbeliebt wie bei uns. Trotzdem steht die Bevölkerung zu ihren Soldaten. Der berühmte highway of heroes belegt das eindrucksvoll.
Was man da auch zum Ansehen empfehlen kann, ist der Film „Taking Chance“. Es geht um einen Marine der einen gefallenen Kameraden (denn er gar nicht kennt, aber kurz in seiner Heimatstadt gewohnt hat) zur Beerdigung überführt. Überall erfährt er Anteilnahme und alle möglichen Leute erweisen ihm und dem Toten Respekt. Sehr oft wissen die Menschen einfach was er tut ohne dass er etwas sagt.
Es gibt nur 2-3 Szenen, die nicht so ähnlich stattgefunden haben.
Wer BitTorrent hat, kann einfach danach suchen. Ansonsten gibt es noch das Tagebuch auf dem der Film basiert. Das ist auch gut:
http://www.blackfive.net/main/2004/04/taking_chance.html
Nicht Bauchgefühl oder Mainstream bewegt mich. Aber Boris hat recht. Heute ist nicht der geeignete Tag für Grundsatzdiskussionen. Werde mich morgen dazu äußern.
Es ist schwierg, in dieser Zeit die eigenen Gedanken in die richtigen Worte zu fassen. Der Tod eines eigenen Kindes, Geschwisters oder Ehepartners ist wohl das Schlimmste, was einem liebenden Menschen widerfahren kann. Mein Mitgefühl gilt deshalb den Hinterbliebenen. Und weil dieser Verlust auch mit Solidaritätsbekundungen nicht ungeschehen gemacht werden kann, betrachte ich Schweigen (in dieser Zeit) als ein Zeichen für Einfühlungsvermögen. Den Angehörigen gegenüber.
Was die Solidarität mit den Armeeangehörigen in Afghanistan betrifft, kann ich wohl den Krieg ablehnen und den Menschen unterstützen. Wenn dieser Mensch jedoch zugleich Soldat ist, der zur Waffe greift, wirds schwierig. Ich gebe zu, dass es mir schwer fällt, die Situation der Soldaten losgelöst von deren bewusster Entscheidung für den Dienst an der Waffe zu betrachten. Man verstehe mich bitte nicht falsch. Ich respektiere den Wunsch, etwas für den Frieden tun zu wollen. Zumal diese Entscheidung wohl in bester Absicht getroffen wurde. Doch was, wenn dieser Einsatz dem Frieden nicht förderlich ist? Wenn sich herausstellt, dass der Einsatz des eigenen Lebens zwecklos war? Und folglich einfach nur unzählige Menschenleben auf allen Seiten gekostet hat?
Zur Begründung meiner Skepsis: Demokratie ist eine feine Sache. Bei uns, in einer individualistisch geprägten Gesellschaft, hat sich diese Form des Zusammenlebens bisher ziemlich gut bewährt. Das bedeutet aber nicht, dass sie für den ganzen Globus die richtige Regierungsform ist. Demokratie beruht auf der Übereinkunft, dass jedes Mitglied dieser Gesellschaft als (plusminus) gleichwertig angesehen wird. Nur so kann das Zusammenleben auf dieser Basis funktionieren. Doch genau dies kann man in Afghanistan nicht beobachten.
In Ländern mit stark patriarchalischen Familienstrukturen ist die Zugehörigkeit zu einer Familie, einem Clan, einer Volksgruppe oder auch Religion wichtiger, als nationale Interessen. Afghanistan hat eine lange kriegerische Tradition. Die verschiedenen Gruppen haben sich immer schon – in verschiedenen Zusammensetzungen – gegenseitig bekämpft. Wie an anderer Stelle erwähnt, können Kämpfer sich jetzt auch einfach für den Moment still verhalten. Es würde mich aber mehr als wundern, wenn sich die Kämpfe nach dem Abzug, egal ob heute oder in zehn Jahren, nicht von neuem entfachen würden. Was also tun? Man kann für immer bleiben. Das ist wohl keine Option. Oder das Land nach Volksgruppen und Zugehörigkeit aufteilen. Erste Schritte in diese Richtung sind getan. Aber was dabei herauskommen kann, ist in Ex-Jugoslawien zu beobachten. Bleibt noch der rasche Abzug. Wenn man auf lange Sicht nichts bleibendes bewirken kann, die einzige sinnvolle Option.
Ich hätte dazu noch einiges zu sagen, will aber den Blog nicht überstrapazieren. Nichts desto trotz hoffe ich, dass euere Landsleute (bin Schweizer) möglichst bald und gesund wieder nachhause kommen.
Komisch, das ein Aspekt der am meisten ins Auge fällt, irgendwie nirgendwo erwähnt wird. Die Soldaten kommen in der Öffentlichkeit überhaupt nicht vor. Sie sind nicht optisch präsent. Schon zu meiner BW Zeit wurde uns gesagt, wir sollten privat besser keine Uniform tragen, weil das einen zu aggressiven Eindruck hinterlassen würde. Für die meisten da draußen, ist dieser AFG. Einsatz etwas, was nur im Fernsehen und anderen Medien stattfindet. Sie haben keinerlei persönlichen Bezug dazu, vor allem wo heutzutage sowieso fast jeder Zivi wird. ( im Westen jedenfalls)
Ein verstärktes öffentliches Auftreten von Soldaten in Uniform könnte da auf jeden Fall die Wahrnehmung verändern.
Allerdings würden natürlich gerade Soldaten in Wüstentarn, den Zorn islamistischer Kulturbereicherer, die sich hierzulande aufhalten, auf sich ziehen.
…das kommt immer darauf an, wo man wohnt und lebt. In meiner Gegend zwischen Koblenz und Bonn sind so viele Uniformierte tagsüber in Baumärkten und anderen Plätzen unterwegs…
Gut das ist möglich, hier im Rhein-Main Gebiet sowie im Stuttgarter Raum habe ich allerdings schon seit Jahren keine mehr gesehen.
Das war während meiner Zeit bei der Saarlandbrigade noch anders.
Depero:
Dann hast du mich wohl noch nicht gesehen und viele andere 😉
Stell dich doch mal Sonntags an die Bahnhöfe – auch da wirst du Wehrdienstleistende und genug andere Menschen sehen, bei denen du entdecken wirst dass sie Soldaten sind 😉
Mit der Truppereduzierung wurden ja auch zahlreiche Standorte geschlossen. Und wech ist wech 😉
Andererseits ist es tatsächlich so, das der Dienstherr auch schon mal anordnet keine Uniform zu tragen um nicht zu „provozieren“.
Das die den Bullshit selber glauben macht die Sache nicht besser 😦
Ich war mal vom Wachbataillon aus in Berlin stationiert und da war es uns aus Gründen der Fürsorge (bzw. Gesunderhaltungspflicht) verboten uniformiert vors Kasernentor zu gehen. Und das mit Recht! Es geb nicht nur einen Verletzten. Es gibt also definitiv no-go-areas für Soldaten in Deutschland.
Zum Thema zwischen Soldaten und Politik unterscheiden:
Das fällt sehr vielen schwer. Wie oft hab ich schon gehört:
„Scheiß Soldaten, ich bin gegen den Krieg!“
Wenn man dann antwortet: „Ich auch!“, dann gucken alle verwirrt.
Ich hab letztens schon Werbung für die Schleifen gemacht 😉 Auf der neuen Website soll sich dann auch ein Link dazu finden….
Abzeichen RAUS! Ich habe meine FschJgBtl 272er, LLBrig 27, das LL/LTS Abzeichen und den stürzenden Adler abgestaubt und an meine zivile Kleidung geheftet. Ich bin zwar seit 20 Jahren Resi, aber in diesen schweren Tagen stehe ich voll hinter unseren Jungs und Mädels und zeig es auch. Politik mal zur Seite gestellt…