Von Lastenteilung und Materialdebatten…
Achtung: nun kommt ein langer Riemen!! Liegt mir schon seit Tagen auf der Zunge und muss nun endlich mal raus. Wünsche gutes Durchhaltevermögen und eine sachliche und erhellende Diskussion.
Ist Kundus nicht nur der Mirkokosmos dessen, was in Kandahar oder andernorts in Afghanistan passiert? Oder kann man diese Hotspots nicht miteinander vergleichen? Die Medien und wir leisten uns eine Materialdebatte um Panzerhaubitzen und Leoparden, weil sich die Sicherheitslage in Kundus verschlechtert hat (ohne dass wir vielleicht die Gesamtzusammenhänge dafür kennen und deshalb nur erahnen können). Diskutieren wir aus der zu deutschen Perspektive? Immerhin sind 42 Nationen in Afghanistan, die für ISAF azusammenarbeiten. In diesem Post will ich einfach mal laut nachdenken und möchte diese Gedanken zur Debatte stellen. Laut denken soll einfach nur heissen: das bisher diskutierte und in den Medien gelesene zu ordnen, zu analysieren und in einem anderen Blickwinkel erscheinen zu lassen. Zuvor noch ein paar zusammengefasste Punkte, damit der Kontext dieser Gedanken der Gemengelage Afghanistan sich auch dem Nicht-Militär und dem nicht so sicherheitspolitisch Informierten erschließt:
Grundlegendes (vorweg) zusammengefasst
1. Gesamtsituation: Dass es in der Provinz Kundus über kurz oder lang zu Übergriffen kommen würde, wissen wir schon seit Jahren. Dies sei Teil einer Taliban-Strategie, die seit Herbst 2008 sogar in den Medien diskutiert wurde. Das örtliche PRT (Provincial Reconstruction Team) wurde früher immer gerne als Bad Kundus bezeichnet – als den gemütlichen Hort uniformierter Brunnenbauer und Wiederaufbauhelfern…als die deutsche ISAF-Welt medial noch in Ordnung war. Gleiches gilt immer noch für das PRT Feyzabad, das allerings im worst case Fall wegen mangelnder Luftransportkapazitäten schwer evakuierbar sein soll – zumal die ansässigen Warlords Uniformierte bisher noch dulden. Die Insurgent-Tätigkeiten um beide PRTs herum sind stabil. Die Landwege nach Nord-Waziristan/Pakistan, wo die eigentlichen paschtunischen Stammesgebiete liegen, sind von ISAF kaum beherrschbar. Das Regional Command North (RC North) in MeS (Mazar-e Sharif/Grab des Edlen) liegt in der bisher ruhigsten Provinz Afghanistans: in Balkh. Der Provinzgouverneur Ustad Mohammad Atta Noor gilt als schlitzohriger Stratege und er ist ein nicht zu unterschätzender Globalplayer im Norden Afghanistans (sogar mit Ambitionen, irgendwann die Präsidentschaft in Kabul übernehmen zu wollen). Er versteht sein Spiel zwischen Zuckerbrot und Peitsche, um seine eigenen Machtinteressen geschickt unter den verschiedenen ISAF-Nationen auszuspielen.
2. Neue Strategie: Nach der Londoner Afghanistan-Konferenz bereitet sich die NATO und die ISAF Nationen auf ein neues Afghanistan-Konzept vor. Die Amerikaner wollen sogar ab Sommer 2011 mit einem spürbaren Truppenabbau beginnen und wollen die ersten Verantwortungsbereiche wieder in afghanische Hände übergeben. Auf dem Weg dahin soll das Partnering-Konzept greifen: mehr Präsenz in der Fläche zeigen und gemeinsam mit afghanischen Truppen den Gegner bekämpfen (Taliban?, Al Kaida?, Drogenbarone?, Kriminelle? oder welche Insurgents auch immer…) ISAF Kommandeur McChrystal hat betont, dass es anfangs zu höheren Verlusten kommen werde , aber langfristig sei dieses Konzept die Basis für ein neues afghanisches Sicherheitsfundament. Hearts and Minds sollen nach wie vor in der afghanischen Bevölkerung erobert, das Vertrauen der afghanischen Gesellschaft zurückerobert werden. Das RC North wird zu einem 2-Sterne HQ (Headquarter) umstrukturiert und wird künftig von einem Generalmajor geführt. Geschätzte 5000 bis 6000 amerikanische Soldaten sind bereits nach den neuen Obama-Offensive im RC North stationiert und bringen schweres Material mit.
3. Deutsche Lage: Seit dem Tankalster-Bombardement vom 4. september 2009 bei Kundus steht der Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr in einem bisher noch nie dagewesenen Fokus der medialen Öffentlichkeit. Ein Untersuchungsausschuss soll die Umstände dieses Vorfalles klären und mutiert zu einer parteipolitischen Schlammschlacht. Zuvor waren ein Verteidigungsminister, ein Generalinspekteur und ein Staatssekretär zurückgetreten. Die Anschläge gegen deutsche Soldaten nehmen zu. Die Taliban rüsten auf und verpflichten tschetschenische Söldner, die hohe Abschussprämien kassieren und die sich vor dem Gefecht mit Adrenalin vollpumpen. Deutsche Soldaten liefern sich letzten Sommer die ersten mehrtägigen Gefechte mit den Taliban, da war das Guttenberg´sche K-Wort noch nicht geboren – viele hatten es aber schon in ihren Köpfen.
4. NATO Lage: 42 ISAF Nationen engagieren sich in Afghanistan. Deutschland ist nach den USA und Großbritannien die drittgrößte truppenstellende Nation und stellt die Führung des Veranwortungsberiches RC North. Insgesamzt gibt es vier (bzw. fünf) RCs: den Norden (Deutschland), den Süden (Canada), den Westen (Italien), den Osten (USA) und das RC Capital Kabul (Frankreich). Das ISAF Headquarter (HQ) Kabul ist die Schaltzentrale des gesamten Einsatzes der ISAF Truppen in Afghanistan und koordiniert in Absprache mit den RCs das Vorgehen und die Strategie in der Fläche, wobei aber jedes PRT je nach Lage am Ort selber entscheiden kann. Dazu kommen andere PRTs in den einzelnen RCs, die unter der Führung anderer Nationen stehen. Die Leadnation im HQ Kabul ist seit 2007 Amerika unter der Führung vom COM ISAF: z.Zt. General McChrystal. Über dem COM ISAF steht das JFC (Joint Force Command) Brunssum, Vier-Sterne General Egon Ramms (deutsch). Darüber der Supreme Allied Commander Europe (NATO SHAPE) in Mrons, US-Admiral James Stavridis. In dieser Struktur wird versucht – zusammen mit allen 42 Nationen – die Sicherheit und Stabilität Afghanistans wieder aufzubauen. Wobei zu bemerken ist, dass viele dieser Nationen verschiedene nationale Einsatzregeln (Caveats bzw. ROEs – Rules of Engagements) haben. Deutschland hat seine ROEs erst im letzten Sommer der neuen Lage in im RC North angepasst. Laut Taschenkarte darf ein Soldat auch auf einen Angreifer schießen, wenn er seine Stellung wechselt (bzw. sich wegbewegt, das durfte man vorher nicht). Insofern hat sich die Rechtssicherheit für einen deutschen Soldaten im Einsatz ein wenig verbessert.
5. Deutsche Medien Lage: Die mediale Wahrnehmung des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr ist seit des Tanklaster-Bombardements von Kundus eindeutig grösser geworden. Nicht zuletzt durch die Ereignisse des Karfreitages, bei denen Soldat 37, 38 und 39 gefallen sind, scheint der „Break-even-Point“ eine langsam ansteigenden Wahrnehmungswelle erreicht zu sein. Doch wie an der Börse, kann eine solche Kurve auch wieder fallen. Wenn man sich durch den Blätterwald und den Fernsehdschungel schlägt, gibt es viele gute Gründe, unsere Soldaten aus Afghanistan abzuziehen: es fallen Staatsbürger in Uniform, die zu schlecht ausgerüstet und ausgebildet seien, die noch nicht einmal wüssten, warum sie eigentlich in Afghanistan seien und die sich nicht in einem Wiederaufbaueinsatz sähen, sondern in einem Krieg. Die Lage ist nicht mehr ruhig und stabil. Die Argumente eines „Für & Wider“ des deutschen Engagements am Hindukusch konterkarieren sich: angeblich sind über 70 Prozent der deutschen Bevölkerung gegen den Afghanistan-Einsatz, andererseits geben nach der jüngsten sozialwissenschaftlichen Studie der Bundeswehr 47 Prozent der Befragten an, noch nie etwas über den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr gehört oder gelesen zu haben. Irgendetwas kann in dieser Gleichung nicht stimmen. Vergleicht man nun die Anschlagzahlen auf die Bundeswehr im RC North mit den der anderen Regional Commands, kann man behaupten, dass der Norden als so sicher gilt, dass man ihn schon fast an die afghanische Regierung „zurückübertragen“ könnte. Stürzt sich nun die geballte Kraft deutscher Medien auf die verhältnismäßig geringe Anzahl der Anschläge auf die Bundeswehr, wird ein Bild vermittelt, dass so einfach nicht stimmt: Kriegsszenarien und Apokalypse. Kein Wunder, wenn in der Heimat dann eine Ausstiegsdebatte geführt wird. Es gibt so viele Erfolge, die bereits in Afghanistan erreicht worden sind, über die aber niemand berichten möchte. Und schließlich sind wir in diesem Land auch dazu angetreten, den Menschen, den Afghanen, zu helfen. Mitnichten haben wir unsere Ziele bisher erreicht, die wir uns in Afghanistan gesetzt hatten – das ist noch ein weiter Weg. Doch die Erfolge, die wir bereits hatten, werden nicht in die Waag-Schale der Medien gelegt, um ein authentisches Bild dieses Landes und des Einsatzes zu zeichnen. Die Ring-Road ist fertig – klar: immer noch umgekämpft, weil auch der Gegner sie benutzt und strategisch stören will. Ein Staudammprojekt im Westen des Landes wird mehr Strom bringen. Es gründen sich seit langem erste afghanische Unternehmen, die Arbeitsplätze schaffen und damit Familien ernähren, die nicht mehr als Taliban-Wochenendkämpfer tätig werden müssen. Die Informationsstruktur des Landes verbessert sich immer schneller. Diverse Internetunternehmen ermöglichen einem Großteil der Bevölkerung eine freien Zugang zu Informationsquellen, immer mehr Kinder können die Schule besuchen, lernen lesen und schreiben. Gerade dort liegt die Zukunft des Landes. Es ist (auch) ein Krieg um Bildung in Afghanistan.
Achtung: jetzt geht es eigentlich erst los 😉
6. Laute Gedanken: Nach den Vorfällen am Karfreitag eskaliert die öffentliche Diskussion – zumindest unter den Interessierten – um den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan. Schnell bringen die Medien die mangelnde Materialausstattung und Ausbildung der Bundeswehr auf den Tisch. Panzerhaubizen, Leopard 2 Panzer und viele andere schwergewichtige Dinge werden von den einen gefordert, weil wir jetzt in einem kriegsähnlichen Zustand operieren – auch gerade hier im Blog – und von den anderen abgelehnt. Ob und was wirklich gebraucht wird, vermag ich nicht zu beurteilen, weil ich kein gewachsener Militärstratege, sondern „nur“ Journalist, der aber dreimal als Reservist im Einsatz war und die Gemengelage am Ort kennt. Folgende Gedankengänge also:
a) Ja, die Sicherheitslage in Kundus hat sich verschlechtert. Angeblich kann das PRT sich nur in einem kleinen Radius aus dem Feldlager heraus frei bewegen. Die Fläche dahinter ist von den Taliban und Terroristen „besetzt“. Wie kann man diesen Raum nun eigentlich „zurückgewinnen“? In Fernsehen bestaunen wir überrascht die „Afghanistan Lüge“ und den Kampf um die Höhe 431. Doch was bringt dieser Kampf uns eigentlich? Ist dieser Posten strategisch wichtig, dass wir ihn halten müssen? Wenn ja, wie können wir ihn halten? Welche Vorteile ergeben sich daraus? Nur einige hundert Meter Luftlinie befindet sich das nächste Taliban-Dorf, Späher erkunden jede Nacht die Lage. Würden Kampfpanzer als Show of Force die Taliban tatsächlich einschüchtern? Kritiker meinen, dass ein Panzer technisch nicht für einen solchen Einsatz geeignet sei (fehlende Klimaanlage, viel zu schwer für Brücken, die Soldaten würden dort nicht mehr aus ihm heraus kommen, man will sich ja eigentlich in der Bevölkerung zeigen! etc.pp) Warum können aber die Holländer den Leo 2 einsetzen und welche Vorteile haben sie dadurch erzielen können? Was können wir daraus lernen? Oder ist unsere politische Führung immer ncoh unwillens, sich einer „neuen“ sicherheitspolitischen Lage anzupassen? Oder können wir uns die Materialdebatte sparen, weil ja jetzt die Amerikaner im Norden sind und entsprechendes Material mitbringen? Schließlich ist es ja kein rein deutscher Einsatz in Afghanistan, sondern der von 42 Nationen?! Müssten wir nicht den Raum, den wir gewinnen, halten und präsent in der Fläche bleiben? Haben wir dafür genug Soldaten, Material und Geld?
b) In der ganzen Materialdebatte diskutiert jeder aus seinem Blickwinkel. Ich gestehe ein, dass die Bedürfnisse eines QRF-Kommandeurs ganz andere sind als beispielsweise die eines landeskundlichen Beraters. Brauchen wir nicht ein (neues) Gesamtkonzept, das sich sowohl mit den Heart & Minds als auch mit der neuen Sicherheitslage beschäftigt? Müssen wir nicht kämpfen UND reden? Wenn die neue Afghanistan-Strategie Partenering heisst, dann ist das eine irreführende Begrifflichkeit. Partnering = mit afghanischen Soldaten in die Fläche gehen und kämpfen = mehr zu erwartene Gefallener (nicht nur deutscher, sondern auch der anderen 41 ISAF Nationen). Ich glaube, das ist in der Öffentlichkeit noch nicht konsequent kommuniziert worden (vielleicht haben es aber viele Berichterstatter noch nicht verstanden).
c) Unsere Bundeskanzlerin musste sich angeblich überreden lassen, auf der Trauerfeier am letzten Freitag zu erscheinen, berichteten einige Medien. Ob das wirklich so war, kann ich aus der Ferne nicht beurteilen. Natürlich hat sie damit einige (hoffentlich) Signale gesendet. Sie hat sich geäußert, bekannt und will sich nun persönlich für eine Überprüfung der richtigen Ausrüstung der Soldaten einsetzen, aber eine öffentliche Dabatte darüber möchte sie nicht führen. Hat sie sich jetzt nicht in eine politische Zwickmühle gebracht? Warum erschien sie ausgerechnet jetzt auf dieser Trauerfeier? Warum war sie nicht auf den vergangenen, fragen sich bestimmt die Anghörigen anderer Gefallener. War ihr Besuch am Wochenende im Einsatzführungskommando ein Routinebesuch (der letzte war 2006) oder war es nur eine strategische Maßnahme, um der öffentlichen Materialdebatte entgegenzuwirken? Oder ist das sicherheitsrelevante Fass Kundus kurz vor dem überlaufen, dass politische Kollateralschäden verhindert werden müssen? Fragen über Fragen…
d) Ist die deutsche Debatte nicht die falsche Debatte? Klar, für die deutsche Bundeswehrgeschichte ist dieser Einsatz ein historischer Einsatz seit Beendigung des 2. Weltkrieges. Aber müssen wir uns nicht zum internationalen Einsatz und dessen Zusammenspiel fügen? Hat die deutsche Politik parteiübergreifend jahrelang falsch kommuniziert? Ja, wir fordern eine öffentliche Debatte, aber wohin soll sie führen? Vergessen wir nicht den internationalen Blickwinkel? Der Verlust deutscher Soldaten ist tragisch genug, richtig, aber müssen wir damit nicht leben? Können Kampfpanzer, Kampfhubschrauber und Haubitzen eine Kehrtwendung bringen? Und wenn wir Raum „gewinnen“ müssen, dann müssen wir ihn auch halten und verteidigen. Bloß wie und womit? Wobei sich hier an dieser Stelle im Post die Katze wieder in den eigenen Schwanz beisst.
e) Unterm Strich bräuchte Deutschland mehr Soldaten, um den Raum zu halten und verteidigen zu können, um in der Fläche präsent zu bleiben, um mit der Bevölkerung zu kommunizieren und Vertrauen aufzubauen. Doch dieser Gedanke wird politisch kaum durchsetzbar sein. Unterm Strich fordern ja auch viele afghanische Keyleader ein kosequenteres Auftreten der Deutschen. Anyway…Debatten um Materialaustattung hin oder her. Die Frage lautet doch (?): Können wir mit Panzern und Haubitzen weiter eine Friedensmission unterstützen oder hat sich die Gesamtlage (offenbar) dermaßen verändert, dass (auch wir deutschen) weiteres Handwerkzeug benötigen, um im Geasamtkonzert gemäß einer neuen sicherheitsrelevanten Sinfonie auf „Augenhöhe“ mit den Holländern, Briten und Amerikaner mithalten und uns behaupten können?
…diese Gedanken haben mich die Tage beschäftigt und mich nun zu diesem getippten geistigen Lusttropfen verleitet. Wie denken Sie darüber? Feuer frei…
Es ist ebenso wichtig die Unterstützung der Öffentlichkeit zu mobilisieren, wie die Streitkräfte für den Krieg zu rüsten. Die Moral steht im Zentrum des Krieges und nicht die physische Stärke. Sieg wird nicht durch Vernichtung erreicht, sondern durch das Zerbrechen der gegnerischen Moral. Ziel des Krieges ist die Moral des Feindes.“
(Carl von Clausewitz).
Vielen Dank für diese Darstellung einer schwer an Komplexität leidenden Thematik. Sehr gelungen. Ich habe mir erlaubt, in meinem früheren (recht polemischen) Beitrag etwas Werbung zu dafür zu machen. Übrigens, wurden Generalinspekteur und Staatssekretär nicht in Rente geschickt?
Sehr geehrter Herr Barschow,
da haben sie aber ein ordentliches Bündel zusammengeschnürt. So ein bischen Sein oder Nicht sein.
Dazu meine global Perspektive. Wir, als Bundesrepublik Deutschland, haben und hatten keine Strategie nach außen. Die Strategie würde den übergeordneten Weg und Rahmen für die weiteren Handlungen beschreiben um vorher gesetzte Ziel zu erreichen. Diese Ziele wurden nicht formuliert, geschweige den in erreichbare Zwischenziel umgesetzt. Dies gilt in meiner Bewertung für die gesamte Außen-, Verteidigungs- und Entwicklungspolitik. Eine Darstellung und Zusammenfassung unserer Absichten außerhalb der Einigung Europas und der Deutschen Einheit ist mir nicht bekannt. Allgemeine Platzhalter alla „Demokratie weltweit“, „Klimaschutz“ und „“Frauenrechte“ sind Platitüden ohne konkrete Maßgaben und Begründungen.
In der Dokumentation „The war tapes“ stellt einer der Irak Krieg Rückkehrer fest, dass die Diskussion, ob es in diesem Krieg um Öl ging oder nicht wahnwitzig ist. Wenn es nicht um das Lebensblut der Nation ginge, was wäre denn dann den Tod sovieler Soldaten und Zivilisten wert?
Ist uns die Kohesion der westlichen Mächte und die Stabilisierung Zentralasiens genug wert um dafür Blut zu opfern! Ich sage ja, weil wir nur so langfristig in einem starken Bündniss sind und uns so zukünftige Partner und Märkte offen halten. Dabei geht es allerdings nie um Demokratie und Menschenrechte. Sollten nämlich die Entwicklung von Demokratie und Menschenrechte außreichen um den Einsatz von Leben zu rechtfertigen müssten wir uns sofort weltweit engagieren.
In alter Manier der Friedensdividende und der kontinentalen Prägung unserer Gesellschaft reichte es uns bisher in Afghanistan zu sein, um nicht nicht dabei zu sein und vor allem im Hinblick auf die anderen Krisen der Welt sagen zu können, hey wir machen doch auch was!
Aktuell stricken wir am „gracefull exit“. Die Kernfrage lautet hier: Wie komme ich aus Afghanistan raus ohne wie totale Versager auszusehen. Dies kann nicht ausreichen um uns Soldaten ins Gefecht zu schicken.
Ich bin überzeugt, dass sich Afghanistan stabilisieren läßt und ggf. auch zu neuer Blüte kommt. Als islamischer Staat mit islamischem Recht. Das größte Problem dürfte dabei für die Afghanen sein, sich als Staat zu begreifen. Demokratie, Frauenrechte und unabhängige Gerichtsbarkeit wird es in ganz Afghanistan wahrscheinlich nie geben und schon gar nicht in nächster Zeit. Der Westen kann dies erreichen in dem er an einem Strang zieht und kohärent auftritt. Dies wird nur erreichbar sein indem viele zurückstecken und die wenigen unterstützt werden, welche die Pläne schmieden.
Hilfreich wäre es dann, auf eine AFG Konferenz zu fahren ohne deutschen Plan und deutsche Kopfzahlen, sondern mit dem Willen es hinzukriegen. Anschließend würde man zurückkehren und verkünden, was der gemeinsame Plan ist und nicht das Festhalten an der eigenen Kurzsichtigkeit als Erfolg verbuchen. Was dies kostet, wieviel Soldaten, Gendamerie, Polizei und zivile Helfer dies erfordert zeigt sich in der Feinplanung über alle Ebenen. Erst wenn alle Einzelverantwortlichen ihren Beitrag zur Auftragsauswertung gegeben haben zeigt sich der Aufwand.
Auftrag des Parlamentes ist es, aus meiner bescheidenen Wählersicht, festzulegen wo und für was sich DEU engagieren sollte. Die Exekutive wird dann ermitteln wieviele Köpfe, wieviel Geld und wieviel Zeit dies erfordern wird. Ich halte es für wirklich irrsinnig im Parlament über Kopfzahlen und Waffensysteme zu debatieren. Der Vorstand von VW wird ja wohl auch nicht auf der ersten Sitzung die Anzahl der Fertigungsroboter und Arbeitsmethoden für ein neues Modell festlegen. Zudem dürfte ja, verglichen mit ISAF, unser fiktiver Vorstand nur über die linke Seite des Modells Aussagen treffen, da ja die Gesamtverantwortung bei einen anderen Gremium liegt.
Abschließend also:
Ja, wir führen eine zu deutsche Diskussion.
Nein, wir haben keine neue Strategie, unsere Partner mit dem Willen, den Menschen und dem Material haben den. Wir haben ja noch nicht mal die Forderungen unserer Militärs für den alten Plan erfüllt.
Ja, wir bräuchten mehr und anderes Material aber umgekehrt spielen wir in AFG spätens ab Mitte des Jahres gar keine Rolle mehr. Hierzu sollte man dann wirklich einfach Köpfe (Kämpfer, Polizeiausbilder) und Material zählen, um festzustellen, dass der Norden ein weiteres amerikanische Regional Command geworden ist.
Danke für Ihre Meinung. Wie sollen wir die Diskussion nun steuern? Vorallem wer? Mehr Transparenz in der Regierung? Mehr Druck durch die Medien oder müssen selbige ersteinmal verstehen lernen? Den globalen Zusammenhang? Sollten wir mehr Soldaten schicken? Sind wir bereit, sie zu opfern? Wenn ja, für was? Erklärungsbedarf Erklärungsbedarf…Sein oder nicht sein – wirklich eine passende Frage 😉 Nun sind Sie wieder dran…
zu a) die Niederländer setzen keine Panzer ein
Und natürlich sind schwere Waffen nicht die Lösung aller Problem. Höchstens ein kleiner Teil. Natürlich ist eine Gesamtstrategie nötig, die in Deutschland nicht existiert.
Natürlich muss die Präsenz in der Fläche ausgebaut werden. Auch mit permanentem Posten, die auch durch ANA und ANP besetzt werden können. Aber gerade dazu sind mehr Feuerunterstützung und mehr Lufttransport zur Versorgung nötig.
Ein weiterer Gedanke der mir mit Artillerie gekommen ist: Wenn man sich die anderen Ländern dort anschaut, sieht man dass deren Einsatz unabdingbar ist. Aber wenn dieser eine Artikel wirklich stimmt und der Einsatz von Mörsern wirklich durch RCN HQ freigegeben werden müsste, ist dann für jeden Feuerbefehl einer Artillerieeinheit die Zustimmung des Verteidungsministers oder des Parlaments nötig?
Insgesamt denke ich nicht, dass man auf Teufel komm raus Kampfpanzer einsetzen muss. Wir versteifen uns da in der Tat etwas. Eine generell schwerere Bewaffnung ist aber nötig. Das fängt schon bei kleinen Dingen wie Mörsern an, die bei der BW auch eine zu geringe Bedeutung haben. Es geht über moderne, schwere Maschinengewehre, wo sich erst jetzt mit dem MG4 ein wenig tut. Und es hört bei IFVs auf. Wie von anderen schon angesprochen ist der Dingo nie so als Truppentransporter gedacht gewesen. Jedenfalls sollte er nicht das Hauptfahrzeug in dieser Rolle sein. Dafür sind Fuchs und Marder wesentlich besser geeignet (wenn man beim letzteren mal von der fehlende Klimaanlage absieht welche ihn stark einschränken). Verbesserungen in diesem Bereich lassen sich sowohl politisch als auch finanziell einfacher durchsetzen.
„Das fängt schon bei kleinen Dingen wie Mörsern an, die bei der BW auch eine zu geringe Bedeutung haben. Es geht über moderne, schwere Maschinengewehre, wo sich erst jetzt mit dem MG4 ein wenig tut.“
1. Mörser spielen absolut keine geringe Bedeutung und werden von den Führern vor Ort mehr als regelmäßig angefordert. Oft wird aber die Forderung abgelehnt, bzw nur Leucht geschossen, wie am Karfreitag.
2. Das MG4 ist alles andere als ein schweres Maschinengewehr mit 5,56x45mm. Selbst das MG3 (7,62x51mm) geht nicht durch die Stellungen der Insurgents (Compoundmauern). Selbst das G82 (.50cal) tut sich schwer. Somit wäre also min. ein .50cal Maschinengewehr nötig um die Ins hinter ihren Stellungen zu bekämpfen (Bzw. GraMaWa oder 20mm+)
Meine Prognose: Die nächste rhetorische Figur, die aufgebaut werden wird, ist die einer „Afghanischen Lösung“, bei der im Kern die Afghanen und die Nachbarländer in Verantwortung genommen werden sollen, ggf. gepaart mit einer Friedenstruppe aus islamisch geprägten Ländern (Türkei).
Bevor es soweit ist, werden die USA da noch mal ordentlich durchkämmen (jetzt ist schon von zwei Brigade Combat Teams im RC North die Rede). Deutsche Soldaten sollten nur aufpassen, dass sie da nicht im Weg rumstehen.
Sobald die US-Truppen durch sind und US Aid beginnt, Projekte mit viel Geld zu fördern, erklärt Obama, dass ein wichtiges Zwischenziel erreicht wurde und beginnt rechtzeitig zu den kommenden Wahlen mit dem Abzug (Declare victory and pull out). Zurück bleiben, wie im Indianerland oder im Irak, einige Forts, aus denen Spezialeinheiten hin und wieder zu Raids aufbrechen, um den wirklich bösen eins auf die Mütze zu geben.
In diesem Szenario werden die deutschen Truppen zur Stadtpolizei von Kunduz und bilden auch verstärkt aus. Natürlich hätte die Bundeswehr bereits im Vorfeld gezielter gegen die einsickernden Widerstandskämpfer vorgehen können, aber das war und ist politisch nicht gewollt.
Nur um Missverständnisse zu vermeiden: militärisch sind deutsche Soldaten fähig und in der Lage, auf Augenhöhe mit den anderen Juniorpartnern zu agieren. Es ist aber in der Heimat nicht zu vermitteln. Das mag das ein oder andere Kämpferherz in Wallung bringen – verständlich – aber die eher defensive Guideline der Regierung ist im Zweifelsfall die bestmögliche Force Protection.
Tja was soll man dazu sagen ?
Eine gelungene Zusammenfassung des deutschen Dilemma`s 😉
Oder anders gesagt, uns holen die Fehler der Vergangenheit ein.
Besoffen vor Glück durch die Wiedervereinigung hat dieses Land, aus vermeintlicher politischer Korrektheit, vermieden die Stufen des Erwachsen werdens einer Nation zu durchlaufen.
Dazu gehört natürlich auch die aussen- und sicherheitspolitischen Ziele zu definieren und zu benennen.
Wenn der Bürger erkennt was, warum zu tun ist, kann er auch Verständnis für Maßnahmen entwickeln, wenn nicht, dann schießen die Spekulationen ins Kraut und die öffentliche Diskussion ist unkalkulierbar.
Nach dem kalten Krieg, dem Zusammenbruch des WP und dem Fall der Mauer wurde festgestellt, das wir doch unmittelbar von Freunden umzingelt sind und die daraus entstandene „Friedensdividende“ gnadenlos verfrühstückt.
Konsequenterweise wurde reduziert was ging, ohne Rücksicht auf bestimmte Kernfähigkeiten, die eine Armee erhalten muß. Andererseits wurde aus industriepolitischen Gründen an Rüstungsprojekten festgehalten, die sich überlebt haben.
Und heute ?
Da stehen wir vor den Trümmern einer Armee im Einsatz.
Die x-te „Selbstfindingsgruppe Bundeswehr“ soll nun den Stein der Weisen finden um die Ausgaben für bewafffnete Streitkräfte wenigstens einigermaßen vor der Bevölkerung zu verantworten. Die Frage warum und wofür wir diese überhaupt haben ist es doch die zunächst einmal zu klären ist!
Bei all den Diskussionen um Waffensysteme die zum Einsatz kommen könnten, wird zunächst einmal übersehen, das diese nur dann ihren Nutzen entfalten, wenn diese Optionen welche dadurch entstehen auch konsequent genutzt werden können und durch die Soldaten vor Ort nach deren militärischer, strategischer und taktischer Planung auch eingesetzt werden dürfen.
Ebenso wie im „Nationbuilding“ von Afghanistan konsequenterweise dieses im Vordergrund stehen müßte.
Wenn dann festgestellt wird, das sich durch Korruption und Vetternwirtschaft diese Aufgabe nur schwerlich umsetzen läßt, warum wird dann nicht gegengesteuert? Was hindert ISAF daran ähnlich den Allierten nach dem WWII Militärgouverneure mit entsprechenden Befugnissen einzusetzen, die den zivilen Verwaltungsapparat kontrollieren und für die finanzielle Ausstattung verantwortlich sind?
Was hindert daran die ANSF selbst zu alimentieren als diese durch „nationale“ Geldversiegungsquellen schlecht und unregelmäßig zu bezahlen? Das PRT-Konzept geht in diese Richtung, warum nicht konsequent?
Was hindert die ISAF daran gegen die Drogenbarone vorzugehen? Den Bauern vor Ort andere Erwerbsmöglichkeiten zu schaffen und so deren Lebensqualität zu halten oder besser zu steigern?
Ich bin eigentlich davon überzeugt, das Otto-Normalafghane nach einer derartig langen Zeit des Krieges eigentlich die Schnauze voll hat und sich wünscht in Frieden seinen Dingen nachgehen zu können und für seine Familie zu sorgen. Darum geht es, die Afghanen haben es verdient das wir ihnen dabei helfen !
Statt einen Konflikt zwischen Christentum und Islam herbeizureden sollten wir lieber zeigen, das wir zur Hilfe zur Selbsthilfe bereit sind und helfen wollen.
Dies bedingt Kontakt zur Bevölkerung und Präsenz vort Ort, entweder durch loyale ANSF oder durch ISAF. Mit sporadischen Besuchen ist das nicht getan.
Absprachen mit den „Locals“ müssen nicht nur getroffen sondern auch realisiert werden. So wird sozaler Friede geschaffen, der Grundlage für den Prozess ist, die Afghanen müssen sehen das es vorwärts geht.
Das muss zusammenlaufen mit einem Gerechtigkeit verbreitenden Justitzsystem das die Rechte der Bürger beinhaltet. Recht und Gesetz sind der Kitt der jede Nation zusammenhält. Dies muß nicht nach unseren westlichen Wertevorstellungen sondern nach den allgemein gültigen Menschenrechten als Basis funktionieren. Die lokalen über Jahrhunderte gewachsenen Strukturen können nicht über Nacht geändert werden, hier ist schrittweises Vorgehen notwendig.
Neben diesen „zivilen“ Aufgaben hat ISAF den Auftrag Sicherheit in Afghanistan sicherzustellen und die „Feinde des Wiederaufbau`s“ daran zu hindern diesen zu stören oder gar zu bekämpfen.
Der deutsche Ansatz Soldaten als „THW in Flecktarn“ zum Aufbau und Polizei zur Ausbildung und Schutz zu senden ist nun gründlich in die Hose gegangen.
Ursächlich sehe ich hier zunächst einmal die grundpazifierte Grundhaltung, Manifestiert im „freundlichen Desinteresse“ der deutschen Bevölkerung zu „ihrer“ Bundeswehr und deren Aufgaben.
Daraus resultiert in der Politik ein „Beißreflex“ wenn es um Fragen von Einsatz und Aufgaben der bewaffneten Kräfte geht.
Aus diesen Gründen wurde der breiten Bevölkerung jahrelang der Einsatz als „Friedensmission“ untergeschoben, der die Soldaten als Aufbauhelfer in „Kurbad Kunduz“ zeigte, die sich mit Ihrem Einsatz einen Kleinwagen verdienen konnten.
Nach nunmehr jahrelangen Einsatz und 39 Toten, darunter 20 „Gefallenen“ setzt sich die bittere Erkenntniss durch, das die Realität wohl eine andere ist und die politische Schlammschlacht um die Verantwortung dafür bestimmt die Diskussion in Deutschland.
Hiebei tritt zutage das sich die Fehler der Vergangenheit gravierend auswirken. Die „Bundeswehr“ erweist sich als zahnloser Tiger der weder vernünftige Gefechtsfahrzeuge für seine Soldaten stellen kann noch in der Lage ist seine Verwundeten Soldaten selbst aus einer Gefechtszone zu retten.
Wenn man die Diskussion über die Waffensysteme verfolgt, dann stellt man schnell fest, das hier immer noch der kalte Krieg die Grundlage des Denkens ist. Die jeweiligen Waffensysteme verden verknüpft mit den damaligen Vorstellungen des „Gefechts“. Panzer sind für die norddeutsche Tiefebene oder den Kursker Bogen Basta! Flexible Gefechtsführung scheint ein Fremdwort zu sein. Gefecht der verbundenen Waffen ist wohl ebenfalls ein Relikt des kalten Krieges 😦
Komischerweise wird der dicke Hammer in Form der PzH2000 präferiert, wenn die dann ein bisschen streut, what shalls? Spätestens wenn artilleristischer Kollateralschaden entstanden ist rosten sich die Rohre einen Wolf 😉 Analog zum CAS, wer setzt die dann noch ein / fordert an?
Mal abgesehen davon das dann ein Zweisterner die Feuerfreigabe geben muß 🙂
Hier zeigt sich das Dilemma, da die Politik nicht bereit ist ihre getroffene Entscheidung auch Konsequent umzusetzen, trifft sie keine oder nur halbherzige Entscheidungen wie der erteilte Auftrag an die Streitkräfte umgesetzt werden sollen, sind ja bald wieder Wahlen. Statt die Diskussion mit der Bevölkerung zu suchen wird verschwurbelt (Partnering) der Einsatz weiterhin schöngeredet und bei Trauerfeiern betroffenheit gezeigt und von „feigen hinterhältigen Anschlägen“ gesprochen.
Himmel nochmal, was ist so schwer daran die Interressen der Bundesrepuplik zu formulieren und dafür zu werben das die Bevölkerung dieses Unterstützt? M.E. ist der „deutsche Michel“ (alternativ „Lieschen Müller“ etc. 😉 ) bereit die Wahrheit zu vertragen, von Schwurbelei hat er die Schnauze voll.
Dann und nur dann macht die Diskussion über den Einsatz überhaupt Sinn,
dann kann die Bundeswehr vernünftig „bewaffnet“ werden um den Einsatz erfolgreich führen zu können,
dann macht eine „Selbstfindungsgruppe BW“ Sinn und kann zielgerichtet Vorschläge unterbreiten.
Und wie gerufen, meldet sich der „Harzer Roller“, der über die Funktion als „Poppbeauftragter“ zum Parteichef aufgestiegener
Provinzpolitiker aus Niedersachen zu Wort :
„Gabriel will neues Afghanistan-Manda
SPD-Chef Sigmar Gabriel hat das Verhalten der Bundesregierung in der Debatte über den Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan scharf kritisiert. „Ich kann nur davor warnen, aus Feigheit vor der öffentlichen Debatte die Begriffe zu verwischen“, sagte Gabriel der „Frankfurter Rundschau“. Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den Einsatz für einen „Krieg“ halte, müsse sie ein neues Bundestagsmandat beantragen: „Dann würde mit Sicherheit die Abstimmung anders verlaufen.““
Quelle : http://www.n-tv.de/politik/Gabriel-will-neues-Afghanistan-Mandat-article820824.html
Da ist er wieder der „Beißreflex“ der Politik und die politische Schlammschlacht auf dem Rücken der Soldaten.
Ich würde mir wünschen das unser Bundeskanzlerin nunmehr erkennt, das eine breite politische Mehrheit zwar anzustreben ist, aber die Notwendigkeiten es auch erforderlich machen für seine Überzeugung einzustehen.
Die Helmut`s haben es vorgemacht 😉
Von den angepriesenen US-Soldaten als Helfer und Unterstützer ist im Raum Kunduz bislang nichts zu sehen und zu hören, wann und ob sie eintreffen, ist unbekannt.
Warum benötigen wir mehr deutsche bzw. internationale Soldaten? Wenn die, die vor Ort sind, auch kämpfen dürften, d. h. die Region säubern könnten, dann könnte das funktionieren, was die Afghanen selber wollen!
Sie wollen das Heft selbst in die Hand nehmen, bereits bestehenden Milizen-Gruppen vertraut die Bevölkerung wesentlich mehr, als jedem ausländischen Soldaten! Äußerst erfolgreich sorgen auch an anderen Stellen diese Milizen für Ruhe und Ordnung in ihren Bereichen – sicher, auf ihre Weise, aber da aus der Bevölkerung kommend, auch von dieser akzeptiert. Ihnen vertraut man mehr, als ANP und ANA – diese gelten als korrupte Verbrecher.
Die „Tanklaster-Affäre“ wird von den Afghanen selbst im Raum Kunduz als eine „hervorragende Tat der Deutschen“ angesehen und man hatte gehofft, dass jetzt endlich eine Kehrtwende eintreten würde. Die Milizen standen und stehen Gewehr bei Fuß, ihnen fehlen jedoch schwere Waffen, um die Aufständischen massiv zurückzudrängen bzw. besser zu eliminieren. Dann jedoch, so zeigt es sich auch andernorts, können sie ihre Dörfer und Gebiete halten!
Milizen? Aber bitte nein, da hat der deutsche Hinz und Kunz natürlich seine Probleme mit! Das hat die deutsche Politik und auch die Medien ihm nicht nach Hause in Wohnzimmer gebracht. Und so denkt man weiter „westlich, sauber, rein“ und rümpft verächtlich das Näschen wie beim Auslandsurlaub „in Deutschland ist das aber alles besser“.
Man hat immer noch nicht gelernt, auch nur ansatzweise durch „afghanische Augen“ zu sehen.
„Hearts and minds“ gewinnen – die Afghanen sind bereit, man muss sie nur unterstützen und machen lassen. Das grobe Handwerk sollten die internationalen Kräfte, hier in diesem Falle die Deutschen, endlich leisten “ dürfen“, das „Sauberhalten“ sollte man den Afghanen überlassen und auch zutrauen.
Wo über Korruption und Wahlbetrug hinweg gesehen wird bzw. werden muss, sollte auch hier endlich anders sehen!
Bevor ich mich ans genaue Lesen mache, kurzer Hinweis zu „Diskutieren wir aus der zu deutschen Perspektive? “
Das TIME Magazine (Euro-Ausgabe) hat diese Woche den Titel „Why British elections should be about her. Politicians are letting their soldiers down“
http://www.time.com/time/covers/europe/0,16641,20100419,00.html
Der Artikel ist „Defence of the Realm: Britain’s Armed Forces crisis“
http://www.time.com/time/world/article/0,8599,1978680,00.html
Zum Teil über den Irak-Feldzug, aber mit einigen interessanten Einblicken (für den Laien) hinter die Kulissen.
Woher bekommen die bösen Buben eigentlich ihren Nachschub an Munition und Waffen? Und über welchen Weg? Über das pakistanische Grenzgebiet? In wie weit gibt es da Erfolge der Amerikaner, weiß man da was darüber?
…sowohl als auch 😉 Es existieren immer noch immens große Waffenlager in AFG – versteckt in Höhlen oder sonst wo. Alles andere wird über Drogengelder beschafft, über Warlords und andere Waffenhändler.
Ein sehr ausführlicher und sehr guter Artikel. Jedoch für Diskussionen zu ausführlich, da zuviele Probleme auf einmal angesprochen werden.
Das Grundproblem des Bundeswehreinsatzes ist die jahrelange falsche Deklarartion dieses Mandats als friedenserhaltende und nicht friedenserzwingende Mission, was sicher auch der Deutschen Geschichte geschuldet ist. Bekanntlich hat Deutschland 2 Weltkriege ausgelöst.
Das Grundproblem der Bundeswehr in Afghanistan ist auch weniger ein qualitatives, als ein quantitatives. Aufstandsbekämpfung (Counterinsurgency) erfordert eher eine polizeiliche, als eine militärische Herangehensweise. Daher sind Kampfpanzer und Panzerhaubitzen für die Aufstandsbekämpfung weitgehend ungeeignet. Das Hauptaugenmerk liegt im Aushorchen der Dorfbevölkerung auf mögliche aufständische Aktivitäten und dem Verhören verdächtiger Personen. Erst wenn man weiß, mit wem man es zu tuen hat, kann man ihn auch gezielt bekämpfen. Dabei sind Verluste unter der Zivilbevölkerung weitgehendst zu vermeiden, auch wenn diese zum Größtenteil aus Sympathisanten besteht. Solche Verhör- und Durchsuchungstaktiken sind nur personalintensiv. Grundsätzlich hat die Bundeswehr in Nordafghanistan in erster Linie ein Personalproblem. Für eine erfolgreiche Aufstandsbekämpfung hat sie zuwenig Mann/Frau vor Ort. Deswegen kommen ja auch 5000 US-Soldaten dorthin. Erst dann dürfte eine effektive Aufstandsbekämpfung möglich sein.
Dass die Bundeswehr zuwenig Personal vor Ort hat, hängt wiederum mit der Nicht-zum-Krieg-Erklärung des Einsatzes zusammen. Solange man nicht bereit ist diesen Einsatz zum Kriegseinsatz zu erklären, ist man auch nicht bereit die friedenerzwingende Mission unter allen Umständen durchzuführen. Dies setzt allerdings auch eine entsprechende Aufklärung der Öffentlichkeit voraus. Dies ist meines Erachtens auch eine Aufgabe der Führungsspitze der Bundeswehr, die in dieser Hinsicht vollständig versagt hat.
Qualitativ fehlen der Bundeswehr hauptsächlich Hubschrauber zum schnellen Ortswechsel. Und zwar Kampf-, Transport- und Sanitäts-Hubschrauber. Dies setzt jedoch ebenfalls eine Erhöhung der Mannschaftsstärke voraus. Warum man sich nicht von den Franzosen 5 – 10 Eurocopter Tiger HAP Kampfhubschrauber mit 30mm GIAT-Bordgeschütz am drehbaren Kinnturm ausgeliehen/geleast hat, ist mir schleierhaft. Das entsprechende deutsche Bordgeschütz RMK 30 ist bislang nicht einsatzbereit.
Das ist das Grundproblem: AFG ist zu komplex, man kann nicht ein Problem nach dem anderen lösen – hat man vielleicht das eine bewältigt, tun sich drei neue auf. Ist es die Gesamtkoordination, die fehlt? Im Übrigen braucht man die Gesamtproblematik als Diskussionsgrundlage, sonst dreht man sich in der Debatte nur im Kreis….
Ich wuerde gerne hinzufuegen, dass eine strategische Bedeutung des RC North auch die Versorgungswege von und nach Tajikistan sind. Da der Weg nach Pakistan immer gefaehrlicher fuer die Versorgungskonvois wird, bekommt die Route nach Norden groessere strategische Bedeutung. Das mag auch ein Grund fuer die Entsendung von mehr US Soldaten ins RC North sein.
Zum Thema der schweren Waffen waere es vielleicht hilfreich, sich die Lehren aus anderen counter-insurgency (COIN) Operationen anzusehen. Da kann man lesen, dass Waffengewalt so gut es geht vermieden werden soll. Daher scheint der Wunsch nach mehr Feuerkraft aus soldatischer Sicht verstaendlich, im Sinne des Erfolges der Gesamtoperation jedoch kontraproduktiv. Wie effektiv Kampfpanzer in einer COIN sind, kann man uebrigens gut auf youtube studieren.
Die Erfahrungen der Combined Action Platoons in Vietnam, der Massnahmen der Briten in Malaya, aber auch z.B. der Franzosen in 2001/2002 in AFG koennten auch auf die Notwendigkeit hinweisen, kleine Trupps von Soldaten in den Doerfern einzuquartieren.
Grundsaetzlich kann man feststellen, dass die richtigen COIN-Massnahmen relativ unbestritten sind, sich allerdings aufgrund der politischen Massgaben und der Struktur und Philosophie westlicher Armeen nur schwer durchfuehren lassen.
Als Beispiel sei hier die Entwicklung noerdlich von Baghdad angefuehrt, wo die Marines 2004 ihren Bereich erfolgreich befriedet haben. Als sie aber von der 4. Infanterie Division unter Gen. Odierno abgeloest wurde, wurde damit auch Strategie geaendert, mit dem Erfolg, dass sich die Sicherheitslage rapide verschlechterte. Odierno vertrat im Gegensatz zu den Marines die Ansicht, dass nicht die Einbettung der eigenen Truppen in die lokale Bevoelkerung, sondern die Eleminierung des Gegners zielfuehrend sei.
Zuletzt noch eine Frage: woher haben Sie die Informationen, dass tadjikische Soeldner im Norden kaempfen, die „sich vor dem Kampf mit Adrenalin vollpumpen“? Falls Sie damit internationale Djihadis meinen, finde ich den Ausdruck Soeldner unzutreffend. Die PBS doku „Behind Taliban Lines“ ist in diesem Zusammenhang sehr aufschlussreich.
Die Schwächen der deutschen Sicherheitspolitik sehe ich auf folgenden Feldern:
Die deutsche Sicherheitspolitik schwankt auch 20 Jahre nach der Wiedervereinigung zwischen parteipolitischer Machtorientierung, Zurückhaltung und Opportunismus. Der von mir sonst nicht so geschätzte Historiker K.Naumann spricht von einer Sicherheitspolitik, die“ an die Stelle einer strategischen Logik der Zwecke eine taktische Politik der Vorbehalte“ setzt. Was nützt es, wenn vom Krieg geredet wird, aber der Mut fehlt, danach zu entscheiden und zu handeln.
Deutschland hat keine nationale Sicherheitsstrategie. Das aus 2006 stammende Weißbuch enthält mal gerade auf einer Seite Werte, Interessen und Ziele deutscher Sicherheitspolitik. Aber es entstammt dem Verteidigungsministerium und nicht dem Bundeskanzleramt. Eine nationale Sicherheitsstrategie ist Sache der politischen Führung eines Landes. Dazu fehlte es dieser bis heute der Mut, klare sicherheitspolitische Positionen zu beziehen. So behalf man sich weiter mit einer „Verteidigung am Hindukusch“ und schwankt derzeit zwischen Bündnissolidarität und dem „Volkswillen“, die deutschen ISAF-Kräfte möglichst schnell abzuziehen.
Damit sind wir bei unseren politischen Eliten. Sie erwecken auch weiterhin nicht den Eindruck, als könnten sie den parteipolitischen Versuchungen des unbedingten Macherhalts widerstehen. Die Forderung des Parteivorsitzenden der SPD nach neuer Mandatsabstimmung ist so ein abstoßendes Beispiel, das für alle Parteien gilt und so sehr Ursache einer größer werdenden Politikverdrossenheit ist. Wie soll in einem derart schwankenden politischem Umfeld eine nationale Sicherheitsstrategie entstehen? Und da man keine Strategie hat, ist man auch nicht in der Lage, strategische Interessen für den nationalen Afghanistaneinsatz zu formulieren.
Das Instrument nationaler Sicherheitspolitik, die Bundeswehr, ist in ihren Strukturen, Mitteln und Einsatzgrundsätzen Spiegelbild all dieser Schwächen deutscher Politik. Eine Organisationsstruktur, die, kaum eingenommen, schon wieder hinfällig ist. Eine Generalität, die den Frieden immer noch als Ernstfall betrachtet und mit dem Ernstfall Afghanistan nicht zurechtkommt. Und eine Armee, die überwiegend nur über nicht einsatzbereite, veraltete oder untaugliche Waffensysteme verfügt.
Und schließlich die Soldaten im Afghanistankrieg. Sie müssen all dies tragen. Den menschenverachtenden Fanatismus ihrer Gegner, die Ignoranz ihrer politischen und militärischen Führung und das „freundliche Desinteresse ihrer Mitbürger.“ Hut ab!
@Belzer
„Das Grundproblem des Bundeswehreinsatzes ist die jahrelange falsche Deklarartion dieses Mandats als friedenserhaltende und nicht friedenserzwingende Mission, was sicher auch der Deutschen Geschichte geschuldet ist. Bekanntlich hat Deutschland 2 Weltkriege ausgelöst.
Das Grundproblem der Bundeswehr in Afghanistan ist auch weniger ein qualitatives, als ein quantitatives. Aufstandsbekämpfung (Counterinsurgency) erfordert eher eine polizeiliche, als eine militärische Herangehensweise.“
Das erklären Sie mal den Polizisten die jetzt verstärkt nach Afghanistan in den Einsatz sollen 🙂
Lieber Boris,
da haben Sie sich aber ausgetobt.
Fangen wir mal mit der Feindlage an. Primärer Feind für uns sind die Taliban. Warlords, Drogenhändler und sonstige organisierte Kriminelle lassen wir mal außen vor. Unseren Feind zu verorten ist relativ simpel, da er sich schwerpunktmäßig im Umfeld der Paschtunen bewegt. Verstärkt und unterstützt noch durch ausländische Terroristen. Deutlich gezeigt hat sich diese Abgrenzung bei den Reaktionen der Bevölkerung nach dem Bombardement der Tanker in Kunduz. Dennoch dürfte es „die Strategie“, die für alles und jeden Fall der Schlüssel zum Erfolg ist, nicht geben. Selbst unter den Paschtunen dürfte die Interessenlage von Süd nach Nord ziemlich differieren. Der Kommandeur vor Ort bräuchte also eine wesentlich größere Entscheidungsfreiheit bezüglich seines Vorgehens. Schon seit Jahrtausenden ist das Prinzip von Zuckerbrot und Peitsche erfolgreich. Der örtliche Führer muss also erkunden womit er die Bevölkerung für sich gewinnen kann, aber auch unerbittlich zurückschlagen, wenn seine Truppe bedroht wird. Pauschal wird da gar nichts gehen. Leider hat sich ein Trend weg von der Auftragstaktik und hin zur Führung von oben gebildet mit dem Zweck keine Verantwortung übernehmen zu müssen oder auch andersherum von der Führung her, die vollständige Kontrolle auszuüben. Hier ist eine Rückkehr erforderlich, was aber auch bedeutet, dass man Kommandeuren wie Oberst Klein den Rücken frei halten muss.
Eines der wesentlichen Probleme beim Einsatz schwerer Waffen dürfte die Mandatsobergrenze sein. Ein Panzerkompanie bzw. eine Batterie PzH 2000 zieht einen ziemlichen Rattenschwanz an Instandsetzung und Versorgung nach sich. Wer kann dafür abgezogen werden? Entweder ändert man dann die Personalgrenze oder verzichtet auf die Bürokratie. Beides stelle ich mir ziemlich schwierig vor. Hinzu kommen natürlich die Kosten, die ausgerechnet dann anfallen, wenn allgemeines Sparen angesagt ist. Die Bundeswehr ist schließlich nicht Griechenland.
Nachvollziehbar ist, dass der Leo II für den Einsatz in Kunduz und Feyzabad geländebedingt nicht geeignet ist. In Mazar-e-Sharif sehe ich das anders. Der Einsatz der PhZ 2000 ist in Kunduz längst überfällig. Die Zwischenlösung mit Mörsern ist unbefriedigend. Die Präzision einer geübten Besatzung ist auch ausreichend um Kollateralschäden zu vermeiden. Bei der Bewertung der Wirkung auf die Bevölkerung werden interessanter Weise wieder einmal deutsche Maßstäbe angelegt. Außerdem dürfte diese unterschiedlich sein. In paschtunischen Gebieten könnten gepanzerte Kräfte als Besatzer betrachtet werden und in Gegenden mit anderen Ethnien als ernsthafter Schutz. Auch in solchen Fragen sollte die Entscheidung dem zuständigen Kommandeur vorbehalten sein.
Es gibt auch die Argumentation, dass Kampfpanzer als Hochwertziele Angriffe auf sich ziehen würden. Es muss aber kein Nachteil sein, wenn man weiß, wo sich der Feind einfinden wird. Die zur Bekämpfung von KPz erforderlichen größeren Sprengfallen haben für den Angreifer auch Nachteile. Sein Aufwand wird größer und damit auffälliger. Durch Kampfhubschrauber und Predator wurden schon öfter Trupps der Taliban vernichtet, die zu lange für ihre Falle gebraucht haben. Die entscheidende Frage ist also, ob ich in der Lage bin das Gelände entsprechend lückenlos zu überwachen, wo meine KPz operieren sollen. 60 Tonnen Stahl sind auch ein Argument, dem die Taliban nicht viel entgegen zu setzen haben. Das damit verbundene Gefühl der Hilflosigkeit wird auch eine nachhaltige Wirkung auf die Moral besonders der Gelegenheitstaliban haben.
Außerdem würde der Einsatz von KPz eine mäßigende Wirkung auf Leute wie Dostum haben. Dessen Selbstbewusstsein basiert auch darauf, dass er eben viele Panzer und Artillerie hat. Zwar nur veraltete Modelle russischer Bauart aber immer noch besser als ohne alles wie unsere Truppen. Ein paar Leo II würden diese Panzertruppe mit T54 sofort zum Schrotthaufen degradieren.
Ein wirklicher Mangel, dem nicht adhoc abgeholfen werden kann ist die fehlende Hubschrauberkapazität. Der NH 90 ist genauso wie der Tiger noch nicht ausgereift. Beide Modelle wären im Einsatz also mit unwägbaren Risiken verbunden. Weitere CH 53 müssten erst nachgerüstet werden, was im Haushaltsplan meines Wissens nach nicht berücksichtigt ist und auch so wahrscheinlich ein Jahr in Anspruch nehmen würde. Dazu fehlen natürlich auch noch ausgebildete Besatzungen. Aber wir wollen ja auch noch etwas am Hindukusch bleiben.
Wo die Pfade zwischen den erfahrenen Verbündeten und den unerfahrenen (also uns) divergieren ist in meinen Augen die operative Umsetzung dieser neuen Strategie. Was heißt „Präsenz in der Fläche“ und „Partnering“ denn konkret? Wir benötigen meines Erachtens eine Reihe von operativen Grundsätzen die JEDER Soldat befolgen muss, etwas im Sinne von: http://usacac.army.mil/cac2/COIN/repository/28_Articles_of_COIN-Kilcullen%28Mar06%29.pdf
Wie Herr Barschow bereits richtig gesagt hat: es ist unklar ob die Operationen in Chahar Darreh, etwa die Höhe 431, Ausdruck einer konkreten, durchdachten Umsetzung einer neuen Strategie sind oder ob man einfach irgendetwas macht, um nicht tatenlos rumzusitzen.
Damit zusammen hängt m.E. auch die verfehlte öffentliche Debatte: wenn niemand, kein Politiker, kein Journalist weiß, wie die deutschen Soldaten operativ handeln SOLLTEN, drehen sich die Debatten auch nur um Haubitzen, Hubschrauber und Dingos. Zwar sind das alles nützliche Dinge, aber keinesfalls essentielle Dinge. Man muss bedenken, dass der Taliban nur mit Kalaschnikow und RPG bewaffnet ist. Oder nochmal mit Kilcullen gesgat: „Fight the enemy’s strategy, not his forces.“
@Peter
Personalobergrenze ??
Eine Panzerkompanie hat ~ 55 Soldaten ein Bataillon ~ 500 Soldaten incl. Logistikkomponente 😉
Zumindest für die Region Kunduz sehe ich die Möglichkeiten für Leoparden durchaus gegeben, wobei ich mich ausdrücklich nur auf Karten und Google Earth beziehen kann, vielleicht würde mich der „Blick ins Gelände“ zu einer andern Erkenntniss gelangen lassen. Deshalb hier schon mal meine Frage an die Kenner der Geographie.
Tragfähigkeit von Brücken und Strassennetz sind für mich kein stichhaltiges Argument und der Einwand dem Bauern die Ernte zu zerstören ist auch Blödsinn.
Das es kein optimales Gelände für die Operationen mit stark gepanzerten Kräften ist sollte einen Einsatz nicht ausschließen.
Die Beschreibung der psychologischen und der militärischen Wirkung ist zutreffend, die Wirkung auf die Kampfmoral der einegen und ANSF-Kräfte ist realitätsnah im QRF3-Bericht nachzulesen.
In der Tat ist es in die Hand des Kommandeurs vor Ort zu legen welche Waffensysteme er anfordert, aber so lange die Strategen in Berlin von vornherein alles abbügeln wird ein lokaler Kommandeur kaum eine derartige Forderung stellen 😉
Zur Entwicklung im RC North und zur Sinnhaftigkeit der Materialdebatte:
A. Um der Frage gerecht zu werden, ob die Debatte um die Ausstattung der Bundeswehr in Afghanistan mit schweren Waffen in die politische/öffentliche Diskussion gehört und ob sich all jene Politiker der „Inkompetenz“ verdächtig machen, die sich hierzu äußern, muss man den Soll- und den Ist-Zustand eines Bundeswehreinsatzes vergleichen.
I. Idealfall:
1. Die Politik legt den Auftrag in Form des Bundestagsmandates fest (Entwurf Antragstext).
2. Die militärische Führung erarbeitet anhand dieser Vorgabe die zur Umsetzung des Auftrages erforderliche Strategie, ermittelt den zur Umsetzung der Strategie erforderlichen Truppenumfang und die nötige Ausrüstung und optimiert die taktischen Verfahren in Bezug auf die einsatzspezifischen Notwendigkeiten. Die militärische Führung informiert die Politik auch über Fähigkeitslücken in der Ausrüstung und erarbeitet ein Konzept zur kurzfristigen Schließung der dringendsten Lücken (z.B. durch Ausleihen oder Leasing von Waffensystemen von Verbünden oder durch kurzfristige Beschaffung von marktverfügbaren (COTS) Systemen. (Musterbeispiele: Kanada – kurzfristige Ausleihe von deutschen Panzern für den Einsatz, oder die Niederlande mit geleasten Apache Kampfhubschraubern in Afghanistan.)
3. Die Politik entscheidet daraufhin darüber, ob die Forderung der militärischen Führung vollumfänglich umgesetzt werden kann (Finanzierbarkeit, politische Durchsetzbarkeit, etc.), oder ob Abstriche gemacht werden müssen. Insbesondere sorgt die Politik dafür, dass klare und weitreichende rechtlichen Grundlagen und Einsatzregeln den Soldaten ein wirksames Handeln ermöglichen. Rechtliche Unklarheiten werden durch die Politik im Vorfeld des Einsatzes durch eindeutige gesetzliche Regelungen beseitigt. (Endgültiger Mandatstext inkl. Truppenstärke etc.)
Die Politik muss ggf. auch verantworten, dass ihr ursprünglicher Auftrag nicht vollumfänglich erfüllt werden kann.
(Der Begriff „Politik“ wurde hier im Sinne von Bundesregierung und Parlamentsmehrheit verwendet.)
II. Realität:
1. Deutsche Regierungen schließen sich – so auch bei ISAF – regelmäßig aufgrund außen-/ bündnispolitischer Zwänge internationalen Militäraktionen an, ohne über klar definierte nationale Interessen zu entscheiden oder selber einen realistischen Auftrag zu formulieren. Dabei steht stets die Abneigung gegenüber jeglichem Einsatz militärischer Mittel im Vordergrund – das gibt ja schließlich schlechte Umfragewerte.
Wenn dann der Druck der Verbündeten, die Unterstützung von Deutschland einfordern, zu groß wird, wird stets nach möglichst unverfänglichen Beiträgen zur Beruhigung der Verbündeten gesucht, die beim Bürger vermeintlich leicht zu verkaufen sind.
So wird dann jeweils ein schwammiges Mandat gestrickt, das von Anfang an gar nicht als klarer Auftrag für die Bundeswehr gedacht ist.
2. Viel schlimmer noch: Die eigentlich von der militärischen Führung zu ermittelnde Truppenstärke und Bewaffnung wird auch gleich nach politischen Kriterien mitentschieden. Regel: Immer eine griffige runde Zahl an Soldaten (aber bitte nicht zu hoch!) und bitte keine Waffensysteme, die irgendwie nach Krieg aussehen. Auch die Einsatzregeln werden erst einmal so eingeschränkt, dass „kein Blut an deutschen Händen kleben wird“.
Die Erfüllung eines Auftrages ist überhaupt nicht das Ziel – dabei sein ist alles.
a) Als Beispiel für diese Schieflage können die ersten Jahre der deutschen ISAF-Mission herangezogen werden: Die deutschen Kontingente verfügte außer den Schutzkompanien (zur Sicherung des Umfeldes der Feldlager) praktisch über keine Kampftruppen zur Durchführung des eigentlichen militärischen Kernauftrages
(Bundestags Drucksache 17/654):
„4. Auftrag
Gemäß Sicherheitsratsresolution 1890 (2009) vom 8. Oktober 2009 hat der ISAF Einsatz unverändert zum Ziel, Afghanistan bei der Aufrechterhaltung der Sicherheit so zu unterstützen, dass sowohl die afghanischen Staatsorgane als auch das Personal der Vereinten Nationen und anderes internationales Zivilpersonal, insbesondere solches, das dem Wiederaufbau und humanitären Aufgaben nachgeht, in einem sicheren Umfeld arbeiten können.
Im Rahmen des ISAF-Einsatzes ergeben sich daraus für die Bundeswehr insbesondere folgenden Aufgaben:
– Unterstützung der Regierung von Afghanistan bei der Aufrechterhaltung der Sicherheit, auch und besonders zum Schutz der Bevölkerung.“
Der Wiederaufbau ist nicht Aufgabe der Bundeswehr – sie soll ihn militärisch sichern! Dazu gehört zunächst die Schaffung eines sicheren Umfeldes durch Vertreibung gegnerischer Kräfte und danach der Erhalt der Sicherheit durch Präsenz in der Fläche (clear – hold – build).
Die vorhandenen deutschen Kräfte der ersten Jahre hätten hierzu allerdings gar keine Möglichkeit gehabt.
Das einzige durchsetzungsfähige Manöverelement im gesamten RC North stellten die Norweger mit ihrem QRF Bataillon, das praktisch die Drecksarbeit für die Deutschen machen musste.
Überdies waren die deutschen Soldaten durch unsinnig beschränkte Einsatzregeln (RoE) und nationale „caveats“ („Ausnahmen/Ausreden“) bei ISAF faktisch an der Durchführung des militärischen Kernauftrages (s.o.) gehindert.
b.) Ein plastisches Beispiel für die Verlogenheit deutscher Politik bei der Bestimmung der Waffensysteme ist der Einsatz der Deutschen Aufklärungsflugzeuge vom Typ Tornado.
Als die Forderung der Verbündeten nach mehr Unterstützung durch Deutschland nicht mehr ignoriert werden konnte, kam man auf ein weiteres „weiches“ Waffensystem, dass dem deutschen Wähler gut zu verkaufen war: der Recce-Tornado.
Diese Flugzeuge wurden/ werden quasi als doppeltes
Placebo verwendet:
(1) Für den Wähler „die schießen ja nur Photos“ und
(2) für die Verbündeten, denn als „Theatre-Asset“ kommen die Recce-Tornados in ganz Afghanistan zum Einsatz („Wer sagt eigentlich, dass wir nicht im Süden und Osten helfen…“).
Ob die Verbündeten davon viel halten, ist egal, Hauptsache die deutsche Politik hat eine unverfängliche Unterstützungsleistung geliefert.
Richtig unschön wird die Sache allerdings, wenn man sich hierbei mit den Deutschen Ausreden und Leistungsverweigerungen beschäftigt:
Während bedrängte deutsche Truppen in den letzten Jahren immer häufiger zum Schutz ihres Lebens Luftunterstützung von alliierten Jagdbombern anfordern mussten (gestellt von den USA, England, Frankreich, den Niederlanden, Norwegen, Belgien etc.), schrieben unsere Abgeordneten eine weitere Ausrede ins Bundestagsmandat:
„Die Aufklärungsflugzeuge werden aufgrund ihres Auftrages und ihrer Ausstattung für Aufklärungszwecke eingesetzt. Sie werden nicht zur Luftnahunterstützung CAS („Close Air Support“) herangezogen.“
Vor dem Hintergrund das die „Recce-Tornados“ schwere Jagdbomber sind, die allein durch das Anhängen eines Kamerabehälters (Recce-Pod) zum Aufklärungsflugzeug werden, erscheint diese Einschränkung geradezu grotesk. Einige SPD-Abgeordnete hatten sogar gefordert, dass die Tornados in Afghanistan ohne Munition für ihre Bordkanonen zum Einsatz kommen.
Unabhängig von der technischen Frage, ob die deutschen Tornados „perfekt“ für CAS geeignet sind (die meisten F-16, Mirage oder die britischen Tornados GR4 in Afghanistan sind auch nicht die „perfekten“ Erdkampfflugzeuge) sie sind aber dennoch rund um die Uhr für ihre Verbündeten zum CAS im Einsatz.
3. Die unglückliche und möglicherweise unmoralische Rolle der höheren militärischen Führung:
Die verantwortlichen Generäle, allen voran der ehemalige Generalinspekteur Schneiderhahn haben sich in den letzten Jahren in einem Umfang zum bloßen Handlanger der Politik machen lassen, der mit dem Primat der Politik nichts mehr zu tun hat.
Die militärische Führung hat das Fehlen eines klaren und erfüllbaren Auftrages sowie die teilweise seit acht Jahren bestehenden gravierenden Fähigkeitslücken und Ausrüstungsmängel bei der Afghanistan-Mission viel zu klaglos hingenommen, und sich – viel schlimmer noch – gegenüber der militärisch weitestgehend unkundigen Öffentlichkeit als Kronzeuge einer verfehlten Rüstungs- und Verteidigungspolitik in Anspruch nehmen lassen.
Die Mängellisten der Kontingentberichte sind lang und gravierend. Zahlreiche kritische Mängel bestehen seit Jahren fort.
Auch auf die verschlechterte Sicherheitslage im deutschen Verantwortungsbereich (RC North) wurde viel zu spät und mit viel zu geringem Kräfteansatz reagiert.
Wenn z.B. heute für die deutschen Soldaten in Kundus bereits wenige Kilometer vom Feldlager entfernt die Kampfzone beginnt, dann liegt das auch daran, dass die rechtzeitig von den Kommandeuren angeforderte Verstärkung um Jahre zu spät kam. Und daran, dass die Soldaten aufgrund von Regelbeschränkungen nicht aktiv tätig werden durften, als es noch leichter möglich war.
Generäle, die sich angesichts dieser Schwierigkeiten und angesichts der veröffentlichten Berichte ihrer Kommandeure vor Ort vor die Presse stellen und nach Vorgabe der Politik aufsagen:
„Unsere Soldaten sind optimal ausgebildet.“
„Unsere Soldaten sind optimal ausgerüstet.“
„Unsere Kommandeure vor Ort erhalten die Waffensysteme und Kräfte, die sie anfordern.“
werden ihrer Fürsorgepflicht gegenüber ihren Soldaten nicht gerecht!
Es gehört zu den Pflichten der militärischen Führung, ihre Soldaten vor den Blüten politischer Realitätsverweigerung zu bewahren!
Mit dem Wechsel im BMVg und einem neuen GI hatte ich kurz Hoffnung auf Besserung. In der letzten Woche zeigten aber der neue GI und General Glatz, dass es auf Wunsch der Kanzlerin weitergeht wie gehabt: „Es wurde dazu in letzter Zeit viel Inkompetentes gesagt.“ (zum Wunsch nach schweren Waffen für Afghanistan) und selbstverständlich sind die Soldaten optimal ausgerüstet und ausgebildet und die Kommandeure erhalten, was sie anfordern, etc. …
General Wieker hätte hier die Chance zu mehr Klarheit und Wahrheit gehabt. Ganz im Sinne des Credos seines Chefs. Jeder hätte ihm dann beim Abstellen der Mängel gutes Gelingen gewünscht.
Und ehrlich gesagt: Ich habe zum Thema Kampfpanzer bisher nur inkompetente und haarsträubende Gründe für die Ablehnung des Einsatzes gehört. Herr Nachtwei hat sich zu diesem Thema auch nicht gerade fachmännisch geäußert (was für ihn eigentlich untypisch ist). Eventuell gibt es wirklich zwingende Gründe gegen den Einsatz von Kampfpanzern – sie wurden bisher aber nicht öffentlich dargelegt.
III. Fazit:
Solange unsere militärische Führung ohne Rückgrat aufsagt, was die Politik hören möchte, ist eine öffentliche und politische Diskussion um Ausrüstungsmängel, erforderliche Waffensysteme und verbesserte Einsatzregeln dringend erforderlich.
Es dürfte auch kein Zufall sein, dass in letzter Zeit vermehrt Kontingentberichte und andere Mängellisten an die Öffentlichkeit gelangen und Kommandeure vor Ort eindeutige Stellungnahmen gegenüber der Presse abgeben. Die Führer aus der Truppe haben offenbar gelernt, dass diese Berichte auf dem Dienstweg bestenfalls in einer Schublade der karrierestrebenden (Polit-)Generalität landen.
Wenn sich nun gegenwärtige und künftige Wehrbeauftragte zum Thema äußern, geschieht dies auch sicher nicht als Stammtischstratege, sondern weil diese die Erkenntnisse und Forderungen aus der Truppe weitergeben.
PS
Teil B (Materialdebatte folgt ggf. später 😉
Die Geschichte unseres Afghanistan-Engagements ist anschaulich beschrieben, die derzeitige Lage im Raum Kunduz, bzw. RC North ist verständlich dargestellt, die Probleme sind plausibel analysiert und es werden durchaus die richtigen Fragen gestellt. Mitgefühl, Interesse und Engagement für unsere Soldaten werden erfreulich deutlich. Danke dafür!
Es wird aber auch eine Schwäche der Diskussion – auch in diesem Blog – sehr offensichtlich, nämlich das engagierte Verlieren in kleinteilige taktische Fragestellungen, die ohne detaillierte Kenntnis der militärischen Rahmenbedingungen der Auftragserfüllung vom heimischen Computer nicht seriös und zufriedenstellend beantwortet werden können. Nach meiner Überzeugung sollte man sich auf die Diskussion sicherheitspolitischer Fragen beschränken, und da bleibt für engagierte Staatsbürger genug Raum.
Ich habe das auf meiner Website zu den aktuellen Lageentwicklungen getan. Bei Interesse können Sie ja mal reinschauen:
http://www.md-office-compact.de/GefechteinAfghanistan.htm und
http://www.md-office-compact.de/Krieg-oderNicht-Krieg.htm
Sehr geehrter Herr Dieter,
gerne können Sie sich auf die sicherheitspolitische Diskussion beschränken. Die aktuelle Generation an Generälen und Obersten tut dies auch. Jede Diskussion innerhalb der Bundeswehr auf einer handwerklich relevanten Ebene wird als „kleinteilig“, „zu taktisch“, „nicht ebenengerecht“ oder meist einfach nur als zu detailiert abgewürgt. Anschließend werden einseitige Vorlagen ohne Inhalt hin und her geschoben und im kleinen Kreis einsame Entscheidungen getroffen. Neuerungen halten von oben her Einzug und wen stört es den da schon wenn die Kompanien zu kurz kommen. Jede Stelle im BMVg oder den höhernen Kommandobehörden ist doch offenkundig wichtiger als der Feldwebel oder die Mannschafter in der Kompanie.
Gerade in KDZ holt uns aber alle die Realität ein, dort sind die kleinen Dinge die einzig relevanten. Dort ist es vollkommen unwichtig wieso wir dort sind. Dort geht es darum einen Auftrag zu erfüllen und möglichst viele wieder heil nach Hause zu bringen. Auch wenn die Sachkenntniss in DEU zu wünschen übrig läßt, so verbietet dies doch nicht die Diskussion. Die Wissenslücken der anderen lassen sich dorch durch Augenzeugen wie u.a. den Gastgeber dieses Webblogs aber auch von vielen anderen mehr ausgleichen. Am Ende haben wir alle mehr als wir vorher hatten.
Bitte Hr. Dieter gönnen sie uns und sich die Diskussion auf kleintilig, taktischem Niveau. Dort passieren die wichtigen Dinge, nicht zwischen Bonn, Berlin und Koblenz. Nehmen Sie sich die Zeit auch in die Tiefe zu gehen und helfen Sie mit das Dilemma Einsatz Bundeswehr für alle näher zu beleuchten.
Das hätte ich nicht besser formulieren können, Danke. 😉
Und gerade in einem kriegerischen Umfeld sind es die Kleinigkeiten die über Tod und Leben entscheiden, nicht die Farbe auf der Lagekarte oder die ASU der Fahrzeuge. 😦
Nachdem jetzt die große Schar der Blogger in die politische. strategische, taktische und Ausrüstungs/Ausbildungsplanung eingestiegen ist, habe ich eine ganz bescheidene Frage mit der Bitte um eine einfache, nachvollziehbare Antwort.
Also eine für „Lieschen Müller“ und „Otto Normalverbraucher“.
Zur Zeit fallen 5-10 westliche Soldaten pro Woche in AFG. ca. 100 werden verletzt, z.T. lebensgefährlich oder mit einer dauerhaften Beeinträchtigung. Es werden Milliarden von Dollar und Euros in AFG versenkt. Was soll das bringen ?
Wo und wie ist unsere Sicherheit bedroht, das diese Opfer gerechtfertigt sind ?
Solange dies keiner nachvollziehbar erklären kann, halte ich es mit Bismarck, wonach „der Balkan, nicht die gesunden Knochen eines einzigen pommerschen Grenadiers wert sei“, nur das ich Balkan mit AFG austausche !
Wenn eine Armee sich in einem Krieg ohne kriegstaugliche Ausrüstung, mit zuwenig Kampftruppen und unklarem Auftrag behaupten muss, dann treten natürlich auch Fragen, die man als „taktisch kleinteilig“ bezeichnen kann, in den den Mittelpunkt der Diskussionen.
Die dann aus der theoretischen Ferne geführten Diskussionen mögen aufgrund ihrer Theorielastigkeit nur von geringer Bedeutung sein. Gleichwohl halte ich sie für wichtig. Sie befeuern eine längst überfällige Debatte über die deutsche Sicherheitspolitik, vermindern das „freundliche Desinteresse“ breiter Bevölkerungsschichten und zeigen ideologisch einseitig ausgerichteten Kräften, dass man ihnen nicht das Feld überlassen wird. Ich jedenfalls werde es nicht Herrn Nachtwei überlassen, über die Sinnhaftigkeit des Leopard-II-Einsatz in Afghanistan zu befinden.
Jemand hatte die Äußerungen des SPD-Vorsitzenden angeführt, O-Ton: „Einem Krieg hätten wir nie zugestimmt“. Dass eine solche Äußerung vom Vorsitzenden der ehemaligen Volkspartei kommt, die den Einsatz 2002 beschlossen hat, zeigt einmal mehr, wie geschmacklos auf dem Rücken der Soldaten Parteipolitik gemacht wird. Seit wann sind Terrorismusbekämpfung und Wiederaufbau militärische Aufgaben? Wer die Taliban als Terroristen und die ständigen Gefechte als Anschläge bezeichnet will oder kann nicht die Realität wahrnehmen und die ist schon seit längerem:
[b]Wir beteiligen uns auf seiten der Regierung Karzai und diverser Warlords (ehemalige Nordallianz) an einem Bürgerkrieg in Afghanistan![/b]
Ich fürchte, es werden noch etliche Kameraden fallen, bis diese Wahrheit endlich durch die Politik kommuniziert werden wird. Wie lange müssen wir noch warten, bis darüber und unsere dortigen Ziele und Interessen endlich eine ehrliche Debatte geführt werden wird?
Sigmar Gabriel ist ein Populist erster Güte, der so bequem in die Linkspartei passen würde. Nichts was er sagt, kann man irgendwie ernst nehmen. Ähnliche vollkommen idiotische Äußerungen gab er z.B. nach dem Störfall im KKW Krümmel von sich. Und das als Umweltminister – also in einem Gebiet wo man vielleicht etwas mehr Sachverstand erwarten würde.
@Christof
Spitze Klammern dann klappts auch mit der Formatierung 😉
@Georg
– Opferzahlen 9/11
– Opferzahlen London ?
– Opferzahlen Madrid ?
jeweils incl. Spätfolgen und wirtschaftliche Auswirkungen.
Hinzukommen die mögliche Opfer durch die Sauerlandgruppe und dem vergeigten Bahnhofsanschlag.
Wir haben in Deutschland bisher schlicht Glück gehabt.
Wer angesichts der globalen Zusammenhänge des Terror`s immer noch der Meinung ist dies mit einem Mate-Tee zu regeln, der soll sich mal auf den Weg machen. 😉
Wer meint Deutschland als Insel der Seeligen kann sich aus den Bündnissverpflichtungen grußlos abmelden und autakt vor sich hin wurschteln, sollte sich mit den Realitäten sowohl wirtschaftlich als auch ökonomisch auseinandersetzen.
@ Georg
Sie haben es kurz und knapp auf den Punkt gebracht – Danke dafür!
Die Soldaten vor Ort, insb. in Kunduz, hätten gerne nur diese Sorgen, wie sie hier bis ins Unendliche zerredet werden.
Sie müssen mit dem, was ihnen zur Verfügung gestellt wird und was sie vor allem benutzen dürfen, versuchen, die Haut ihrer Kameraden und die eigene zu retten! Wer von mehr redet bzw. erwartet, hat immer noch nicht den Realitäten ins Auge gesehen.
Bedanken darf man sich hierfür bei den politisch Verantwortlichen und bei denen in den eigenen Reihen, die immer noch nicht den Mund aufmachen und unbequeme Wahrheiten aussprechen, weil die Jacke näher ist als die Hose, da lässt man dann auch die Kameraden im Stich.
Und die ignorante Gesellschaft macht sich mit ihrem Schweigen letztlich mitschuldig – nur in Umfragen dagegen sein, reicht nicht.
Für eine öffentliche Demo reicht der Mumm nicht, also wählt man „heimlich“ links, wie mir manch einer berichtet?
@StFwdR
Ihre Berechnung der Stärke eine PzBtl ist zwar richtig, aber nicht ganz vollständig. Nicht alle Instarbeiten können im Btl geleistet werden. Zum Transport von Munition, Treibstoff und Material wird eine zusätzliche Transportkomponente benötigt. Gerade bei den Entfernungen in AFG erfordert dies erhebliche Kräfte, die auch wieder einem überdurchschnittlichen Verschleiß unterliegen. Das Verhältnis von 10:1 von Unterstützern und Kämpfern kommt nicht von ungefähr.
Die rot-grüne Regierung hat uns seiner Zeit in eine Zwickmühle gebracht. Es war nicht sinnvoll und notwendig in diesen Einsatz zu gehen. Auch nicht mit dem Hinweis auf Bündnisverpflichtungen. Es gab seinerzeit genug nachvollziehbare Gründe für unsere Partner, davon Abstand zu nehmen. Angefangen z.B. mit dem fehlenden strategischen Lufttransport. Mittlerweile stellt sich aber die Frage, ob ein Rückzug nicht teurer wird. Entscheidend ist das Signal, welches wir den Islamisten damit geben. Leider gibt es noch viele Bürger und Politiker, die die Ursache für islamischen Terrorismus in westlichen Provokationen sehen. Sie verstehen nicht, dass dieser reiner Selbstzweck ist und sich die Terroristen nach Aufgabe des Kampffeldes in AFG andere Ziele suchen werden. Terrorismus ist ein Selbstläufer und so lange wir die feindlichen Kräfte in AFG binden kommen sie eben nicht nach Deutschland. Aus diesem Grunde sind auch alle bisherigen Verhandlungen gescheitert, weil das Wesen des Terrorismus nicht verstanden wurde.
@Peter
Irgendwie kann ich Ihrer Argumentation nicht so recht folgen,
Wir haben also unter rot – grün einen nicht sinnvollen Einsatz begonnen, den wir uns z.B. mit einem Hinweis auf fehlende Lufttransportkapazitäten hätten entziehen können?
Andererseits bedauern Sie das die, im übrigen richtige, Einschätzung über den internationalen Terrorismus noch nicht bei allen angekommen ist und es eigentlich besser ist diese feindlichen Kräfte in Afghanistan zu binden und sie so daran zu hindern bei uns tätig zu werden?
Hinsichtlich der Logistikkomponente solten wir uns darauf verständigen, das wo ein Wille auch ein Weg ist und im Zweifel können wir uns bei Dänen und Canadiern erkundigen wie die es lösen 😉
Merke : GEHT NICHT, GIBTS NICHT, sofern der politische Wille dazu vorhanden ist 😉
@ StFwdR
Zitat: (als Reaktion auf meine oben gestellte Frage)
– Opferzahlen 9/11
– Opferzahlen London ?
– Opferzahlen Madrid ?
jeweils incl. Spätfolgen und wirtschaftliche Auswirkungen.
Hinzukommen die mögliche Opfer durch die Sauerlandgruppe und dem vergeigten Bahnhofsanschlag.
Wir haben in Deutschland bisher schlicht Glück gehabt.
Wer angesichts der globalen Zusammenhänge des Terror`s immer noch der Meinung ist dies mit einem Mate-Tee zu regeln, der soll sich mal auf den Weg machen.
Wer meint Deutschland als Insel der Seeligen kann sich aus den Bündnissverpflichtungen grußlos abmelden und autakt vor sich hin wurschteln, sollte sich mit den Realitäten sowohl wirtschaftlich als auch ökonomisch auseinandersetzen.
Zitatende
Ich will versuchen die angerissenen Fragen aus meiner Sicht, nach meiner Meinung abzuarbeiten.
Al Kaida und der weltweite islamische Terror ist mehr eine Dachorganisation, eine „Holding“ von verschiedenen nationalen Terrororganisationen, als eine Großorganisation
– 09/11: waren 15 von 19 Attentäter Saudis
– London: waren Briten pakistanischer Abstammung, radikalisiert in britischen Moscheen
– Madrid: waren in Spanien lebende Einwanderer, mit algherischer und marokkanischer Abstammung, radikalisiert in spanischen Moscheen.
– Sauerlandgruppe: waren deutsche Konvertiten, nach Radikalisierung in deutschen Moscheenvereinen (Neu-Ulm), milit. Grundausbildung in Trainingscamps in Pakistan (zum Zeitpunkt des Vorfall war dies noch kein Straftatbestand in Deutschland)
– mißlungener Bahnhofsanschlag mit Bombe: waren in Deutschland lebende Libanesen, zum Studium nach Deutschland geschickt (Kiel), vorher im Libanon radikalisiert und in deutschen Moscheevereinen weiter radikalisiert.
Eine gemeinsamer Punkt ist die Radikalisierung in jeweils inländischen Moscheevereinen, bzw. radikalen islamistischen Gemeindebereichen.
Also alle dieser Täter waren einheimische, bzw im Inland wohnende Täter, vom jeweiligen inländischen Elementen radikalisiert.
Die Terrorcamps liegen in Pakistan, werden also von uns im ISAF-Einsatz auch nicht bekämpft.
Wo ist der Ansatzpunkt der Bekämpfung ?
Man muss diesen Bereichen den ideologischen Unterbau und den Nachwuchs entziehen. Dies geht am Besten mit einer Strategie der Verhältnismäßigkeit unserer Aktionen (Tit for Tat, bitte googlen)
Saudi Arabien und deren Staatsreligion des Wahabismus ist der weltweite ideologische Terrorexporteur No. 1
Es bezahlt auch die islamistischen Kämpfer in Tschetschenien u.a. mit einer Erfolgsprämie für jeden getöten Gegner. Diese Kämpfer sind jetzt laut Spiegel z.Teil nach Kundus abgewandert. Dies erklärt auch die Professionalisierung der gegnerischen Kämpfer.
Wo ist die „Containment“-Politik gegenüber Saudi-Arabien und seiner aggresiven Ideologie ?
In den letzten 20 Jahren waren die meisten Militäraktionen des Westen gegen muslimische Länder gerichtet. Helmut Schmidt erwähnte diesen Umstand bei der AFG-Diskussion der Atlantischen Gesellschaft an der Bw-Uni in HH.
Also Somalia, Irak, Sudan Raketenangriffe, sogar die Humanitäre Intervention in Bosnien wird als eine Aktion gegen die Muslime ausgelegt, weil die bosnischen Muslime die Hauptlast der Opfer der Balkankriege trugen.
Also meiner Meinung nach müssen wir alles tun um diesen aggressiven Eroberungseindruck in den muslimischen Ländern zu vermeiden.
Gleichzeitig müssen wir mit aller Härte und Konsequenz gegen inländische Islamisten vorgehen und eine offene Auseinandersetzung mit dem inländischen muslimischen Gemeinden führen, bezüglich Koran und Grundgesetz. Jedem inländischem Muslime muss klar sein, dass der Koran als staatliche Macht in westlichen Gesellschaften nicht durchsetzbar ist und somit verfassungsfeindlich ist.
Falls von diesem Ziel offen oder verdeckt nicht abgelassen wird, dann muss im Extremfall ausgewiesen werden.
Nachtrag zu den Opferzahlen:
Wieviel Zivilpersonen wurden im Irak und in AFG von westlichen Truppen erschossen ?
Hochzeitsgesellschaften, Tauffeiern und sonstige Familienfeiern sowie Reporter in Bagdad usw.
Bitte mal aufsummieren und mit den Opfern von 09/11 gegenrechnen.
@Georg
Das sich die radikalislamistischen Ideen auch bereits in Deutschland ausgebreitet haben macht die Sache nicht einfacher.
Aber eine Abschottung ist schlicht nicht möglich und von daher obsolet. Ergo was bleibt zu tun?
Es gibt immer einen Tropfen der das Fass zum überlaufen bringt. In diesem Fall der zweite Anschlag auf das WTC 9/11. Die Spuren führten nun mal nach Afghanistan und zu AQ.
Ob alles was danach gelaufen ist optimal und zielgerichtet war mag dahingestellt bleiben,der deutsche Beitrag allemal nicht, aber die Situation wird durch was wäre wenn nicht besser.
Eine Rückkehr der Taliban führt zwangsläufig wieder dazu das in der Region ein weiterer Rückzugsraum für den Terror entsteht, das die unmittelbaren Nachbarn trotz ihres suboptimalen Regimes unter Druck geraten und auch dort fundamentalradikale Kräfte die Kontrolle erlangen. Angesicht der atomaren Bewaffnung Pakistans und der regionalen Konflikte ein Alptraum.
Und dann?
Atomwaffen und letztendlich Technologie in der Hand radikalislamistischer Terroristen?
Das würde das Pulverfass zum Explodieren bringen, zumal Israel hier ebenfall eine unkalkulierbare Größe darstellt.
@StFwdR
Natürlich ist eine Abschottung möglich, wenn man dem isamistischen Terror den Zulauf verrringert !
Die Spuren von 09/11 führen zu El Kaida, zu einem saudischen Prinzen der in Amerika als Botschafter residierte und selbstverständlich nach AFG.
Mit der Operation OEF wurden die talibanische Regierung in AFG entfernt. Rückzugsräume des Terrors sind in erster Linie die ganzen Stammesgebiete in Pakistan. Die unmittelbaren und mittelbaren Nachbarn Afghanistan führen ihre eigenen Interessen in AFG durch und geraten durch eine Beteiligung der Taliban an der afghanischen Regierung keineswegs unter Druck.
Saudi Arabien finanziert schon heute über Umwege den islamistischen Terror. Iran hat seine eigenen Interessen in AFG, auf jeden Fall wollen sie dort keinen westlichen Einfluss. China hat mit 4 Mrd $ Direktinvestionenen seinen Einflussbereich in AFG abgesteckt. Indien hat mit 1,2 Mrd $ Entwicklungshilfe und einer diplomatischen Großoffensive mit neuen Konsulaten und einer großen Botschaft ebenfalls seinen Einfluss in AFG drastisch vergrößert.
Aus dem gleichen Grund (Einflussnahme Indiens) unterstützt Pakistan weiterhin die Taliban in AFG, damit die Verhältnisse dort nicht zu stabil werden, damit der indische Einfluss in seinem geografischen Rücken sich nicht verfestigen kann.
Keiner der Nachbarn hat eine direkte Bedrohung durch eine afg Regierung mit Talibaneinfluss, meiner Meinung nach.
Dafür sorgt schon die Tatsache, das AFG finanziell nicht selbstständig überleben kann und seit min. 100 Jahren mit ausländischen Geld überlebt.
Ich bin auch davon überzeugt, dass nach Abzug der Nato-Truppen, Talibanvertreter mit am Kabinetstisch sitzen werden, ob uns das nun passt oder nicht.
Teile und herrsche !
Karzai bereitet sich auf die Zeit nach dem Abzug vor.