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Archive for the ‘Völkerrecht’ Category

Von Lastenteilung und Materialdebatten…

Achtung: nun kommt ein langer Riemen!! Liegt mir schon seit Tagen auf der Zunge und muss nun endlich mal raus. Wünsche gutes Durchhaltevermögen und eine sachliche und erhellende Diskussion.

Ist Kundus nicht nur der Mirkokosmos dessen, was in Kandahar oder andernorts in Afghanistan passiert?  Oder kann man diese Hotspots nicht miteinander vergleichen? Die Medien und wir leisten uns eine Materialdebatte um Panzerhaubitzen und Leoparden, weil sich die Sicherheitslage in Kundus verschlechtert hat (ohne  dass wir vielleicht die Gesamtzusammenhänge  dafür kennen und deshalb nur erahnen können). Diskutieren wir aus der zu deutschen Perspektive? Immerhin sind 42 Nationen in Afghanistan, die für ISAF azusammenarbeiten. In diesem Post will ich einfach mal laut nachdenken und möchte diese Gedanken zur Debatte stellen. Laut denken soll einfach nur heissen: das bisher diskutierte und in den Medien gelesene zu ordnen, zu analysieren und in einem anderen Blickwinkel erscheinen zu lassen. Zuvor noch ein paar zusammengefasste Punkte, damit  der Kontext dieser Gedanken der Gemengelage Afghanistan  sich auch dem Nicht-Militär und dem nicht so sicherheitspolitisch Informierten erschließt:

Grundlegendes (vorweg) zusammengefasst

1. Gesamtsituation: Dass es in der Provinz Kundus über kurz oder lang zu Übergriffen kommen würde, wissen wir schon seit Jahren.  Dies  sei Teil einer Taliban-Strategie, die  seit Herbst 2008 sogar in den Medien diskutiert wurde. Das örtliche PRT (Provincial Reconstruction Team) wurde früher immer gerne als Bad Kundus bezeichnet – als den gemütlichen Hort uniformierter Brunnenbauer und Wiederaufbauhelfern…als die deutsche ISAF-Welt medial noch in Ordnung war. Gleiches gilt immer noch für das PRT Feyzabad, das allerings im worst case Fall wegen mangelnder Luftransportkapazitäten schwer evakuierbar sein soll – zumal die ansässigen Warlords Uniformierte bisher noch dulden. Die Insurgent-Tätigkeiten um beide PRTs herum sind stabil.  Die Landwege nach Nord-Waziristan/Pakistan, wo die eigentlichen paschtunischen Stammesgebiete liegen, sind von ISAF kaum beherrschbar. Das Regional Command North (RC North) in MeS (Mazar-e Sharif/Grab des Edlen) liegt in der bisher ruhigsten Provinz Afghanistans: in  Balkh. Der Provinzgouverneur Ustad Mohammad Atta Noor gilt als schlitzohriger Stratege und er ist ein nicht zu unterschätzender Globalplayer im Norden Afghanistans (sogar mit Ambitionen, irgendwann die Präsidentschaft in Kabul übernehmen zu wollen). Er versteht sein Spiel zwischen Zuckerbrot und Peitsche, um seine eigenen Machtinteressen geschickt unter den verschiedenen ISAF-Nationen auszuspielen.

2. Neue Strategie: Nach der Londoner Afghanistan-Konferenz bereitet sich die NATO und die ISAF Nationen auf ein neues Afghanistan-Konzept vor. Die Amerikaner wollen sogar ab Sommer 2011 mit einem spürbaren Truppenabbau beginnen und wollen die ersten Verantwortungsbereiche wieder in afghanische Hände übergeben. Auf dem Weg dahin soll das Partnering-Konzept greifen: mehr Präsenz in der Fläche zeigen und gemeinsam mit afghanischen Truppen den Gegner bekämpfen (Taliban?, Al Kaida?, Drogenbarone?, Kriminelle? oder welche Insurgents auch immer…) ISAF Kommandeur McChrystal hat betont, dass es anfangs zu  höheren Verlusten kommen werde , aber langfristig sei dieses Konzept die Basis für ein neues afghanisches Sicherheitsfundament. Hearts and Minds sollen nach wie vor in der afghanischen Bevölkerung erobert, das Vertrauen der afghanischen Gesellschaft zurückerobert werden. Das RC North wird zu einem 2-Sterne HQ (Headquarter) umstrukturiert und wird künftig von einem Generalmajor geführt. Geschätzte 5000 bis 6000 amerikanische Soldaten sind bereits nach den neuen Obama-Offensive im RC North stationiert und bringen schweres Material mit.

3. Deutsche Lage:  Seit dem Tankalster-Bombardement vom 4. september 2009 bei Kundus steht der Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr in einem bisher noch nie dagewesenen Fokus der medialen Öffentlichkeit. Ein Untersuchungsausschuss soll die Umstände dieses Vorfalles klären und mutiert zu einer parteipolitischen Schlammschlacht. Zuvor waren ein Verteidigungsminister, ein Generalinspekteur und ein Staatssekretär zurückgetreten. Die Anschläge gegen deutsche Soldaten nehmen zu. Die Taliban rüsten auf und verpflichten tschetschenische Söldner, die hohe Abschussprämien kassieren und die sich vor dem Gefecht mit Adrenalin vollpumpen. Deutsche Soldaten liefern sich letzten Sommer die ersten mehrtägigen Gefechte mit den Taliban, da war das Guttenberg´sche K-Wort noch nicht geboren – viele hatten es aber schon in ihren Köpfen.

4. NATO Lage:  42 ISAF Nationen engagieren sich in Afghanistan. Deutschland ist nach den USA und Großbritannien die drittgrößte truppenstellende Nation und stellt die Führung des Veranwortungsberiches RC North. Insgesamzt gibt es vier (bzw. fünf) RCs: den Norden (Deutschland),  den Süden (Canada),  den Westen (Italien), den Osten (USA) und das RC Capital Kabul (Frankreich). Das ISAF Headquarter (HQ) Kabul ist die Schaltzentrale des gesamten Einsatzes der ISAF Truppen in Afghanistan und koordiniert in Absprache mit den RCs das Vorgehen und die Strategie in der Fläche, wobei aber jedes PRT je nach Lage am Ort selber entscheiden kann. Dazu kommen andere PRTs in den einzelnen RCs, die unter der Führung anderer Nationen stehen. Die Leadnation im HQ Kabul ist seit 2007 Amerika unter der Führung vom COM ISAF:  z.Zt. General McChrystal. Über dem COM ISAF steht das JFC (Joint Force Command) Brunssum, Vier-Sterne General Egon Ramms (deutsch). Darüber  der Supreme Allied Commander Europe (NATO SHAPE) in Mrons,  US-Admiral James Stavridis. In dieser Struktur wird versucht – zusammen mit allen 42 Nationen – die Sicherheit und Stabilität Afghanistans wieder aufzubauen. Wobei zu bemerken ist, dass viele dieser Nationen verschiedene nationale Einsatzregeln (Caveats bzw. ROEs – Rules of Engagements) haben. Deutschland hat seine ROEs erst im letzten Sommer der neuen Lage in im RC North angepasst. Laut Taschenkarte darf ein Soldat auch auf einen Angreifer schießen, wenn er seine Stellung wechselt (bzw. sich wegbewegt, das durfte man vorher nicht). Insofern hat sich die Rechtssicherheit für einen deutschen Soldaten im Einsatz ein wenig verbessert.

5. Deutsche Medien Lage: Die mediale Wahrnehmung des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr ist seit des Tanklaster-Bombardements von Kundus eindeutig grösser geworden. Nicht zuletzt durch die Ereignisse des Karfreitages, bei denen Soldat 37, 38 und 39 gefallen sind, scheint der „Break-even-Point“ eine langsam ansteigenden Wahrnehmungswelle erreicht zu sein. Doch wie an der Börse, kann eine solche Kurve auch wieder fallen. Wenn man sich durch den Blätterwald und den Fernsehdschungel schlägt, gibt es viele gute Gründe, unsere Soldaten aus Afghanistan abzuziehen: es fallen Staatsbürger in Uniform, die zu schlecht ausgerüstet und ausgebildet seien, die noch nicht einmal wüssten, warum sie eigentlich in Afghanistan seien und die sich nicht in einem Wiederaufbaueinsatz sähen, sondern in einem Krieg. Die Lage ist nicht mehr ruhig und stabil. Die Argumente eines „Für & Wider“ des deutschen Engagements am Hindukusch konterkarieren sich: angeblich sind über 70 Prozent der deutschen Bevölkerung gegen den Afghanistan-Einsatz, andererseits geben nach der jüngsten sozialwissenschaftlichen Studie der Bundeswehr 47 Prozent der Befragten an, noch nie etwas über den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr gehört oder gelesen zu haben. Irgendetwas kann in dieser Gleichung nicht stimmen. Vergleicht man nun die Anschlagzahlen auf die Bundeswehr im RC North mit den der anderen Regional Commands, kann man behaupten, dass der Norden als so sicher gilt, dass man ihn schon fast an die afghanische Regierung „zurückübertragen“ könnte. Stürzt sich nun die geballte Kraft deutscher Medien auf die verhältnismäßig geringe Anzahl der Anschläge auf die Bundeswehr, wird ein Bild vermittelt, dass so einfach nicht stimmt: Kriegsszenarien und Apokalypse. Kein Wunder, wenn in der Heimat dann eine Ausstiegsdebatte geführt wird. Es gibt so viele Erfolge, die bereits in Afghanistan erreicht worden sind, über die aber niemand berichten möchte. Und schließlich sind wir in diesem Land auch dazu angetreten, den Menschen, den Afghanen, zu helfen. Mitnichten haben wir unsere Ziele bisher erreicht, die wir uns in Afghanistan gesetzt hatten – das ist noch ein weiter Weg. Doch die Erfolge, die wir bereits hatten, werden nicht in die Waag-Schale der Medien gelegt, um ein authentisches Bild dieses Landes und des Einsatzes zu zeichnen. Die Ring-Road ist fertig – klar: immer noch umgekämpft, weil auch der Gegner sie benutzt und strategisch stören will. Ein Staudammprojekt im Westen des Landes wird mehr Strom bringen. Es gründen sich seit langem erste afghanische Unternehmen, die Arbeitsplätze schaffen und damit Familien ernähren, die nicht mehr als Taliban-Wochenendkämpfer tätig werden müssen. Die Informationsstruktur des Landes verbessert sich immer schneller. Diverse Internetunternehmen ermöglichen einem Großteil der Bevölkerung eine freien Zugang zu Informationsquellen, immer mehr Kinder können die Schule besuchen, lernen lesen und schreiben. Gerade dort liegt die Zukunft des Landes. Es ist (auch) ein Krieg um Bildung in Afghanistan.

Achtung: jetzt geht es eigentlich erst los 😉

6. Laute Gedanken: Nach den Vorfällen am Karfreitag eskaliert die öffentliche Diskussion – zumindest unter den Interessierten – um den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan. Schnell bringen die Medien die mangelnde  Materialausstattung und Ausbildung der Bundeswehr auf den Tisch. Panzerhaubizen, Leopard 2 Panzer und viele andere  schwergewichtige Dinge werden von den einen gefordert, weil wir jetzt in einem kriegsähnlichen Zustand operieren – auch gerade hier im Blog – und von den anderen abgelehnt. Ob und was wirklich gebraucht wird, vermag ich nicht zu beurteilen, weil ich kein gewachsener Militärstratege, sondern „nur“ Journalist, der aber dreimal als Reservist im Einsatz war und die Gemengelage am Ort kennt. Folgende Gedankengänge also:

a) Ja, die Sicherheitslage in Kundus hat sich verschlechtert. Angeblich kann das PRT sich nur in einem kleinen Radius aus dem Feldlager heraus frei bewegen. Die Fläche dahinter ist von den Taliban und Terroristen „besetzt“. Wie kann man diesen Raum nun eigentlich „zurückgewinnen“? In Fernsehen bestaunen wir überrascht die „Afghanistan Lüge“ und den Kampf um die Höhe 431. Doch was bringt dieser Kampf uns eigentlich? Ist dieser Posten strategisch wichtig, dass wir ihn halten müssen? Wenn ja, wie können wir ihn halten? Welche Vorteile ergeben sich daraus? Nur einige hundert Meter Luftlinie befindet sich das nächste Taliban-Dorf, Späher erkunden jede Nacht die Lage. Würden Kampfpanzer als Show of Force die Taliban tatsächlich einschüchtern? Kritiker meinen, dass ein Panzer technisch nicht für einen solchen Einsatz geeignet sei (fehlende Klimaanlage, viel zu schwer für Brücken, die Soldaten würden dort nicht mehr aus ihm heraus kommen, man will sich ja eigentlich in der Bevölkerung zeigen! etc.pp) Warum können aber die Holländer den Leo 2 einsetzen und welche Vorteile haben sie dadurch erzielen können? Was können wir daraus lernen? Oder ist unsere politische Führung immer ncoh unwillens, sich einer „neuen“ sicherheitspolitischen Lage anzupassen? Oder können wir uns die Materialdebatte sparen, weil ja jetzt die Amerikaner im Norden sind und entsprechendes Material mitbringen? Schließlich ist es ja kein rein deutscher Einsatz in Afghanistan, sondern der von 42 Nationen?! Müssten wir nicht den Raum, den wir gewinnen, halten und präsent in der Fläche bleiben? Haben wir dafür genug Soldaten, Material und Geld?

b) In der ganzen Materialdebatte diskutiert jeder aus seinem Blickwinkel. Ich gestehe ein, dass die Bedürfnisse eines QRF-Kommandeurs ganz andere sind als beispielsweise die eines landeskundlichen Beraters. Brauchen wir nicht ein (neues) Gesamtkonzept, das sich sowohl mit den Heart & Minds als auch mit der neuen Sicherheitslage beschäftigt? Müssen wir nicht kämpfen UND reden? Wenn die neue Afghanistan-Strategie Partenering heisst, dann ist das eine irreführende Begrifflichkeit. Partnering = mit afghanischen Soldaten in die Fläche gehen und kämpfen = mehr zu erwartene Gefallener (nicht nur deutscher, sondern auch der anderen 41 ISAF Nationen). Ich glaube, das ist in der Öffentlichkeit noch nicht konsequent  kommuniziert worden (vielleicht haben es aber viele Berichterstatter noch nicht verstanden).

c) Unsere Bundeskanzlerin musste sich angeblich überreden lassen, auf der Trauerfeier am letzten Freitag zu erscheinen, berichteten einige Medien. Ob das wirklich so war, kann ich aus der Ferne nicht beurteilen. Natürlich hat sie damit einige (hoffentlich) Signale gesendet. Sie hat sich geäußert, bekannt und will sich nun persönlich für eine Überprüfung der richtigen Ausrüstung der Soldaten einsetzen, aber eine öffentliche Dabatte darüber möchte sie nicht führen. Hat sie sich jetzt nicht in eine politische Zwickmühle gebracht? Warum erschien sie ausgerechnet jetzt auf dieser Trauerfeier? Warum war sie nicht auf den vergangenen, fragen sich bestimmt die Anghörigen anderer Gefallener. War ihr Besuch am Wochenende im Einsatzführungskommando  ein Routinebesuch (der letzte war 2006) oder war es nur eine strategische Maßnahme, um der öffentlichen Materialdebatte entgegenzuwirken? Oder ist das sicherheitsrelevante Fass Kundus kurz vor dem überlaufen, dass politische Kollateralschäden verhindert werden müssen? Fragen über Fragen…

d) Ist die deutsche Debatte nicht die falsche Debatte? Klar, für die deutsche Bundeswehrgeschichte ist dieser Einsatz ein historischer Einsatz seit Beendigung des 2. Weltkrieges. Aber müssen wir uns nicht zum internationalen Einsatz und dessen Zusammenspiel fügen? Hat die deutsche Politik parteiübergreifend jahrelang falsch kommuniziert? Ja, wir fordern eine öffentliche Debatte, aber wohin soll sie führen? Vergessen wir nicht den internationalen Blickwinkel? Der Verlust deutscher Soldaten ist tragisch genug, richtig, aber müssen wir damit nicht leben? Können Kampfpanzer, Kampfhubschrauber und Haubitzen eine Kehrtwendung bringen? Und wenn wir Raum „gewinnen“ müssen, dann müssen wir ihn auch halten und verteidigen. Bloß wie und womit? Wobei sich hier an dieser Stelle im Post die Katze wieder in den eigenen Schwanz beisst.

e) Unterm Strich bräuchte Deutschland mehr Soldaten, um den Raum zu halten und verteidigen zu können, um in der Fläche präsent zu bleiben, um mit der Bevölkerung zu kommunizieren und Vertrauen aufzubauen. Doch dieser Gedanke wird politisch kaum durchsetzbar sein. Unterm Strich fordern ja auch viele afghanische Keyleader ein kosequenteres Auftreten der Deutschen. Anyway…Debatten um Materialaustattung hin oder her. Die Frage lautet doch (?): Können wir mit Panzern und Haubitzen weiter eine Friedensmission unterstützen oder hat sich die Gesamtlage (offenbar) dermaßen verändert, dass (auch wir deutschen) weiteres Handwerkzeug benötigen, um im Geasamtkonzert gemäß einer neuen sicherheitsrelevanten Sinfonie auf „Augenhöhe“ mit den Holländern, Briten und Amerikaner mithalten und uns behaupten können?

…diese Gedanken haben mich die Tage beschäftigt und mich nun zu diesem getippten geistigen Lusttropfen verleitet. Wie denken Sie darüber? Feuer frei…

Es ist ebenso wichtig die Unterstützung der Öffentlichkeit zu mobilisieren, wie die Streitkräfte für den Krieg zu rüsten. Die Moral steht im Zentrum des Krieges und nicht die physische Stärke. Sieg wird nicht durch Vernichtung erreicht, sondern durch das Zerbrechen der gegnerischen Moral. Ziel des Krieges ist die Moral des Feindes.“
(Carl von Clausewitz).

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Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe will sich tiefergehend mit der Kundus-Affäre befassen. Ein Sprecher teilte am Montag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit, dass die Behörde die Situation in Afghanistan als einen „nichtinternationalen bewaffneten Konflikt“ bewerte. Dies ist die völkerrechtliche Umschreibung für Bürgerkrieg. Die Bundesanwaltschaft folgt damit der Einschätzung, welche die Bundesregierung neuerdings vertritt.  Damit sei die Bundesanwaltschaft zuständig, sagte der Sprecher. Der Maßstab für die rechtliche Bewertung des Luftschlags gegen zwei von Taliban entführte Tanklaster, den der deutsche Oberst Georg Klein angeordnet hatte, ergebe sich vorrangig aus den Vorschriften des Völkerstrafgesetzbuches. Dieses gibt den Soldaten einen größeren Spielraum als das normale Strafrecht, nach dem bislang Fälle bewertet wurden, in denen in Afghanistan Menschen durch Bundeswehrsoldaten getötet oder verwundet wurden. Die abschließende Bewertung des Vorgehens von Oberst Klein dauert nach Angaben des Sprechers an. Bis zum Abschluss dieser Prüfung würden voraussichtlich noch einige Wochen vergehen. (mehr auf Süddeutsche.de)

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…nach Recherchen des Kölner Stadtanzeigers wird Oberst Klein heute nicht persönlich vor dem Gremium erscheinen. Offenbar läßt er sich durch seinen Anwalt vertreten, der eine öffentliche Erklärung verlesen will. Und die Liste der heute geladenen Beteiligten sei geheim hieß es heute im Morgenmagazin. Lasssen wir uns also überraschen, was heute im Ausschuss passiert und wer tatsächlich erscheint…

In den gestrigen Verhandlungen über das neue Afghanistan-Mandat für die Bundeswehr hat Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) eine Niederlage erlitten. Nach Informationen der „Berliner Zeitung“ konnte er sich nicht mit seiner Forderung durchsetzen, den Einsatz rechtlich neu zu definieren, um den deutschen Soldaten mehr Schutz vor juristischer Verfolgung zu bieten. Zu Jahresbeginn hatte Guttenberg gefordert, den Einsatz künftig als sogenannten nicht-internationalen bewaffneten Konflikt zu bezeichnen. Damit würden Vorschriften des Völkerstrafgesetzbuches anwendbar, nach denen unter bestimmten Umständen militärische Ziele angegriffen und Menschen getötet werden dürfen.

In dem Mandatsantrag der Bundesregierung, den das Kabinett beschloss und für den Außenminister Guido Westerwelle (FDP) heute in einer Regierungserklärung im Bundestag werben will, ist von einer solchen rechtlichen Neubewertung aber keine Rede. Westerwelle habe sich dagegen gewehrt, so war zu hören, den Einsatz in eine juristische Schablone zu pressen. Die Bundesregierung, so wurde der Außenminister zitiert, könne nicht die Gerichtsbarkeit ersetzen. (mehr bei ksta.de)

Die Minister und Experten der Bundesregierung sprachen intern auch bisher schon von einem „nicht-internationalen bewaffneten Konflikt“, meinen damit aber nicht die Kämpfe zwischen der Schutztruppe Isaf und den Taliban oder Terroristen, sondern den Bürgerkrieg zwischen der afghanischen Armee (ANA) und den Aufständischen. Die meisten anderen westlichen Isaf-Nationen sprechen dagegen ganz selbstverständlich von ihrem Krieg.

Würde jetzt auch der Einsatz der Bundeswehr tatsächlich als Teilnahme an einem nicht internationalen bewaffneten Konflikt eingestuft, würde das Vorgehen der Truppe in Zukunft nach dem humanitären Völkerrecht beurteilt werden. Die überstaatliche Rechtsordnung – darunter auch solche nach militärischen Maßgaben – setzt Regeln für die Beteiligung ausländischer Staaten an bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen in einem Land fest.

Dies wiederum hätte Konsequenzen auch für die deutsche Rechtssprechung. Gegenwärtig entscheidet in der Regel der Ort der Heimatkaserne, welche Staatsanwaltschaft das Vorgehen der Soldaten in Afghanistan überprüft. Würde es sich aber um einen bewaffneten Konflikt im Sinne des Völkerstrafrechts handeln, würde die Anwendung militärischer Gewalt von der Bundesanwaltschaft geahndet werden. (mehr bei zeit.de)

Wie ist das Völkerrecht definiert? Was ist krieg? Mehr Fakten dazu  im Blog Aussen-Sicherheitspolitik.de der FDP.

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So: nun sind wir mal gespannt, was auf der AFG-Konferenz noch so beschlossen wird heute, was wir aus den vergangen Tagen noch nicht wissen. Hat sich ja eigentlich schon fast jeder über die neue Strategie geäußert – die Welt scheint sich einig zu sein. Ob wir nun aber mehr darüber erfahren, wie man Taliban zum Aussteigen bringt und ob die internationale Gemeinschaft kleine Kassenhäuschen in der Wüste aufstellt, um Stütze für die Gemäßigten auszuzahlen, müssen wir einfach mal abwarten. Wenn schon Bundeswehrsoldaten Milizen nicht von Taliban unterscheiden können, wer kann es dann? Nach Angaben von Amnesty International aus dem Jahre 2004, seien rund 70 Prozent der ausgebildeten afghanischen Soldaten und Polizisten zu den Insurgents übergelaufen. Und dass die Taliban nun schon beginnen, ihre Waffen bei den afghanischen Warlords zu kaufen, wissen wir seit dem 21.01.10 aus dem Afghan Recovery Report bei War and Peace Reporting IWPR.

Foto: privat - afghanische Sicherheitskräfte in Paghman bei Kabul

Die sprichwörtliche Gefechtslage nach wie vor unverändert, ob da die neue Strategie greifen wird, ist fraglich. Und was mich am meisten nachdenklich stimmt, ist die Tatsache, dass die Internationale Gemeinschaft plötzlich nur noch vom Out-Datum spricht und spekuliert. Meines Erachtens nach der größte Fehler: Taliban & Co. können nun einfach gemütlich abwarten. Was wird eigentlich aus den Menschan am Hindukusch? Waren wir dort auch nicht u.a. zu einer humnitären Hilfe angetreten? Gilt jetzt nur noch das Motto:  einach schnell raus? Obamas angekündigter Rückzug ab 2011 vielleicht auch eine reine Schutzmaßnahme für die Weiterxistenz der NATO? Den würde sie sich von den Terroristen aus dem Land (verbunden mit einer „militärischen“ Niederlage ) vertreiben lassen, wie damals die Russen, könnte sich das Bündnis fast auflösen, weil nicht mehr glaubwürdig. Und neuerdings erhalte ich SMS´sen vom Auswärtigen Amt zur neuen Strategie für Afghanistan, Terminhinweise für Interviews mit dem Außenminister und kleine Protokolle, was in den Teilnehmerkreisen in London so gesprochen wird. Pressearbeit 2.0 – ein Informationflow ohne gleichen, so verliert man leicht den Überblick, aber ich gehe davon aus, dass das nicht beabsichtigt ist!

Hintergründe zu den bisher stattgefundenen Afghanistan-Konferenzen.

Von 17 bis 19.15 Uhr senden wir auf PHOENIX einen Schwerpunkt zur Afghanistan-Konferenz, sprechen mit unseren Korrespondenten in London und Afghanistan, haben Militär- und Politik- und NGO-Experten im Studio – angereichert mit den neusten Dokus zum Thema und schalten zur Gewerkschaft der Polizei nach Berlin  – und übertragen die Pressekonferenz aus London live.

Die Bewertungen vieler Journalisten sind eindeutig: keine Zuversicht nach der AFG-Konferenz. Ob die neue Strategie der internationalen Gemeinschaft greifen wird, zeigt sich erst in Jahren. Vielmehr sei diese Konferenz eher ein Eingeständnis des Scheiterns, so die Einschätzung des ZDF-Korrespondenten Thomas Walde eben auf Phoenix, denn sonst hätte sie ja gar nicht stattfinden müssen. Und die Rolle Deutschlands findet in London nicht unbedingt in erste Reihe statt – schließlich waren andere Nationen wie Canada, Niederlande und die USA, die schon viel früher von Ausstiegsszenarien sprachen. Deutschland als drittgrößter Truppensteller wohl nur Beiwerk auf dieser Konferenz. Im heute journal sahen wir gestern eine Reportage aus Kabul: die Afganis eher unzuversichtlich und bemessen der AFG-Konferenz keinerlei große Bedeutung zu. Und eine Überlegung wurde in den Medien noch nicht artikuliert: sind wir nicht in AFG angetreten, um den Terror zu bekämpfen? Wenn wir jetzt über den Rückzug debattieren, gehe ich davon aus, dass der Terror bekämpft und vernichtet wurde? Wahrscheinlich eher nicht, müssten wir doch dann nicht zusätzliche Truppen entsenden. karsai geht davon aus, dass die letzten Soldaten wohl erst in 15 jahren aus dem Land abziehen werden. Eine internationale Kommission soll ihm auf die Finger schauen wie er die Korruption bekämpft. Hätte man auch schon früher machen sollen.  So jetzt beginnt die Pressekonferenz live auf PHOENIX, 17.30 Uhr.

18.00 Uhr: Westerwelle meint gerade, es beginne der Prozess der Übergabeverantwortung. Prof. Langguth von der Uni Bonn sagte zuvor, die Konferenz sei ein Versuch eines neuen Konzeptes, weil das alte nicht gegeriffen habe. Heißt eigentlich auf deutsch: wenn Plan A nicht funktioniert, dann eben Plan B. Wenn die Sicherheit Afghanistan aber noch nicht funktioniert, kann man dann schon  überhaupt von Übergabeplänen reden?

Lesen Sie den Blogkommentar aus London vom NDR-Kollegen Christoph Heinzle bei tagesschau.de: Vom Gotteskrieger zum Minister – Taliban 2.0

C. Heinzle schreibt u.a.:

Und Kurt Beck hatte doch Recht?

Und mitten im Spektakel dann noch eine überraschende Feststellung. Der gerade aus dem Amt gewählte Rangin Dadfar Spanta, als Exil-Afghane mit langjähriger Deutschlanderfahrung so etwas wie “unser” afghanischer Außenminister, nutzte seinen letzten großen Auftritt für eine erstaunliche 180-Grad-Wende. Hatte er noch im Frühjahr 2007 den damaligen SPD-Chef Beck heftig abgewatscht für seine Idee einer Afghanistankonferenz mit Beteiligung “gemäßigter Taliban”, so warb Spanta heute im Auftrag seines Präsidenten für die neue Umarmungsstrategie und die bevorstehende Friedensversammlung mit Talibanbeteiligung in Kabul. In der Pressekonferenz zumindest. Interviews mit deutschen Medien verweigerte der sonst so redselige Spanta nach der Konferenz allerdings hartnäckig. Er habe sein Deutsch verlernt, witzelte Spanta, der noch vergangene Woche als Gastredner bei der SPD in Berlin und als Interviewpartner in den Tagesthemen recht flüssig auf Deutsch parlierte und heute in London durch mieses Englisch auffiel. Vielleicht war er am Ende des Tages des Redens ja nur müde. Oder wollte er einfach die Frage vermeiden, ob der viel gescholtene Kurt Beck doch Recht hatte damals?

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Der für den Angriff auf Tanklaster bei Kunduz verantwortliche Bundeswehroberst hat gezielt die Unwahrheit gesagt, um US-Piloten zu dem Bombenabwurf zu bewegen. Dies geht nach Informationen des SPIEGEL aus dem geheimen Nato-Bericht zu dem Vorfall hervor.

Gegenüber den Nato-Ermittlern gab Klein zudem zu, dass er gezielt die Unwahrheit angegeben habe, um sich die amerikanische Luftunterstützung zu sichern. Dafür musste er den Eindruck erwecken, dass seine Soldaten Feindberührung hatten, also „troops in contact“ waren, kurz: TIC. „Sein Problem sei gewesen, dass er gewusst hätte, dass es in Wirklichkeit keine TIC-Situation gab“, heißt es in dem Protokoll von Kleins Befragung zusammenfassend. „Er war der Ansicht, dass er bei Meldung einer TIC-Situation die gewünschte Luftunterstützung bekommen werde.“

Kleins Verhalten wird mittlerweile auch von hochrangigen deutschen Soldaten kritisiert. So beschwerte sich der Kommandeur des Regionalkommandos Nord in Masar-i-Scharif, Brigadegeneral Jörg Vollmer, gegenüber dem Nato-Untersuchungsteam, er lege großen Wert darauf, dass die Bundeswehr Einsatzregeln der Nato einhalte. Er empfinde es als „nicht akzeptabel“, dass er von Klein „so spät benachrichtigt“ worden sei – nämlich erst nach dem Bombenabwurf.

Der Nato-Bericht bringt auch Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) weiter in Bedrängnis. Nach Informationen des SPIEGEL enthält der Bericht bereits alle Details, die Guttenberg angeblich erst bekannt wurden, nachdem er die Luftangriffe als „militärisch angemessen“ bewertet hatte. (mehr auf Spiegel.de)

Die Generalbundesanwaltschaft prüft derzeit, ob der Oberst mit seinem Befehl gegen Völkerstrafrecht verstieß. Nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ vom Samstag wird es voraussichtlich kein Strafverfahren gegen Klein geben. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe werde die Ermittlungen nach Angaben von mittelbar an dem Vorgang beteiligten Parteien in den kommenden Wochen einstellen, berichtete das Blatt. Die oberste Anklagebehörde werde sich auf das Völkerrecht berufen. Der Afghanistan-Einsatz werde als nicht-nationaler bewaffneter Konflikt eingestuft, wonach bei der Beurteilung des Luftangriffs das humanitäre Völkerrecht angewandt werden müsse. Danach sei ein Militärschlag gegen Konfliktgegner zulässig. Zivilisten verlören ihren Schutzanspruch vorübergehend, wenn sie sich wie bei den Tanklastzügen in eine Konfliktsituation begäben.

Die beiden am Luftschlag in Kundus beteiligten US-Piloten wurden dem Blatt zufolge schon wenige Tage nach dem Vorfall vom Einsatz abberufen und strafversetzt. Damit reagierte Isaf-Kommandeur Stanley McChrystal auf die Verletzung von Einsatzregeln. McChrystal hatte auch die Abberufung von Oberst Klein gefordert, war dabei aber am Widerstand des deutschen Verteidigungsministeriums gescheitert, berichtet die Zeitung weiter. Offenbar sei dort befürchtet worden, eine Abberufung käme einem Schuldeingeständnis nahe und würde staatsanwaltschaftliche Ermittlungen beschleunigen. (weiter auf Focus.de)

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Warum lesen wir hierzulande nicht solche Artikel? Offenbar gibt es Pläne für Afghanistan. Aber so konkret? Die Zeitung Daily Afghanistan berichtet vorgestern in ihrer Ausgabe, dass es angeblich eine Idee für die Afghanistankonferenz geben solle, Mullah Omar, den Taliban-Führer, von der UN-Liste zu streichen, damit ernsthafte Verhandlungen zwischen der afghanischen Regierung und den Gotteskriegern voran gerieben werden könnten. Die Frage dabei ist nur, wer diesen Plan auf die Agenda gesetzt hat. Präsident Hamid Karsai himself oder die internationale Gemeinschaft? Afghanische Publizisten und Regierung scheinen sich uneins zu sein, ob dieser Plan eine gute Idee sein könnte. Hier der Originalartikel:

Afghan paper says removing Taleban names from UN list not effective, published by Afghan newspaper Daily Afghanistan, part of the Afghanistan newspaper group, on 9 January

Mullah Mohammed Omar


Considering these assertions, the Afghan government is trying to offer a Taleban reconciliation plan to the conference. The plan’s content is not yet clear. The government wants to convey the message to the media that Taleban negotiation will be pursued seriously at the conference, thus, a comprehensive plan has been prepared.

Finally, Mr Omar [Afghan presidential spokesman] announced that the international community and the Security Council would be urged to remove Taleban leader Mullah Omar’s name from the black list to provide the opportunity for the Taleban negotiation.

Has the plan been proposed by the Afghan government, or have some of the western countries offered the strategy?

The plan the Afghan presidential spokesman is talking about is the copy of the five-article plan offered by the British government about the Taleban reconciliation. Apparently, the Afghan government is trying to use the draft of the host country to negotiate with the Taleban after the London conference. Some time back, the British authorities proposed to the Afghan government to reconcile with some of the Taleban leaders, for this government [British government] believes that political ways should be sought to overcome the Taleban. Britain had also asked the Afghan government to adjust its reconciliation plan with the „Quetta Shura, or council“.The Quetta Council is composed of the main members of the Taleban leading body. Its headquarter are located in Quetta from where all operations are led.Taking into account the importance of Quetta Council, this country [Britain] is trying to persuade the Afghan government to directly contact the council and open the reconciliation door with the Taleban. To take practical steps towards peace, Britain has given the privilege to the Taleban, who join the reconciliation process, to remove their names from the UN „black list“. This includes the ordinary and extremist Taleban and local commanders. [Passage omitted: on British peace document which contains three stages on how to attract the Taleban to the peace process.]This is the latest document on Taleban negotiation offered to Mr Karzai by a foreign government after his election as president.

Considering this document, it seems that the Afghan government has prepared an outlook draft for Taleban negotiation. Under this document, the Afghan government hopes an agreement will be made at the London Conference that the UN Security Council will officiall removes the Taleban leader Mullah Omar’s name from the black list. This will be a practical step taken towards negotiation with the Taleban and a great privilege for the Taleban. If Mullah Omar is forgiven at the London conference, will it provide practical opportunities to negotiate with the Taleban?

Analysts believe that talking to the Taleban is Karzai’s weak point not his power on the political scene. Negotiation is valuable when both sides accept the principles of negotiation, and discuss, considering the need and the privileges. However, the Taleban have repeatedly rejected the principle of negotiation and emphasized continuation of violence, and are resorting to violence every day, so how do we believe such efforts will produce results? Most of the analysts believe that forgiving Mullah Omar at the London Conference is a privilege given to this group. This will further strengthen the Taleban and will double violence in the country.

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Im folgende Post copy und paste ich eine Frage von mir im Blog Augen geradeaus bei Thomas Wiegold – und die Antworten darauf gleich mit. Wie gesagt, bin kein Völkerrechtler, aber vielleicht können Sie mit dieser “ Feinfeinschmeckerdebatte“ erahnnen, worum es eigentlich in dieser Gesamtdebatte Kundus politisch geht.

An die Soldaten im Einsatz:  ich höre von vielen Seiten aus dem Einsatzland, dass Sie diese Heimatdebatte im Einsatz tiereisch nervt. Ich hoffe, dass keiner von Ihnen sich dazu bemüßigt fühlt,  deshalb „die Flinte ins Korn zu werfen“. Diese Debatte ist wichtig – für Sie und für die Glaubwürdigkeit der Politik und ihrer Parteien. Seien Sie sich sicher – und ich hoffe, dass ich mich da nicht irre…unterm Strich werden die Soldaten letztendlich davon profitieren – insha-allah…

Aus dem FOCUS-Blog:

Weiß eigentlich jemand, wie die Veränderung der Rules of Engegement im Sommer diesen Jahres zustande kamen bzw. ob das Parlament diese gemäß des Mandates absegnen musste oder konnte das das BMVG das auf eigene Faust regeln?

Kommentiert von: Boris Barschow | 13. Dezember 09 um 11:32 Uhr

Soweit ich es mittbekommen habe hat das Parlament mit diesem „unwesentlichen“ Detail nichts zu tun, die Anpassung erfolgte aufgrund der veränderten Lage vor Ort.

Kommentiert von: StFwdR | 13. Dezember 09 um 11:51 Uhr

Die Lage am Ort ist das eine, das Mandat des BT etwas anderes…denke ich…bin mir selber unsicher…

Kommentiert von: Boris Barschow | 13. Dezember 09 um 11:59 Uhr

Also soweit ich das Mitbekomen habe sind die RoE Sache des zuständigen Ministeriums.
Der Bundestag entscheidet nur über die grundsätzliche Zustimmung auf der Basis des Antrags der Bundesregierung zum Einsatz.
Da hab ich nix von RoE gesehen.

Kommentiert von: StFwdR | 13. Dezember 09 um 13:18 Uhr

Ich habe immer mehr das Gefühl, dass es gar nicht um die Informationen und Berichte geht. Dieses Spiel wird nur für das staunende Publikum aufgeführt, um von handfesteren Vorgängen abzulenken. Die militärisch Kompetenteren mögen mich korrigieren, wenn ich mit meiner Voraussetzung falsch liege, ich glaube aber: Es hat eine stillschweigende Verschärfung der BW-Strategie stattgefunden: Ein wenig weiter weg vom freundlichen Kontaktbereichsbeamten in Flecktarn und ein wenig näher hin zur Armee, die ihren Gegner aufsucht, um ihn unschädlich zu machen. Dahinter dürften drei Faktoren stehen:

– Der Gegner hat sich verstärkt und die Schlagzahl erhöht, so dass die Men in Fleck selbst mehr tun müssen, nur um sich halten zu können.
– Die selbstständigen Operationen der Amerikaner im deutschen Sprengel am RCN vorbei sind ebenfalls ein unmissverständliches Signal.
– Der Wunsch unserer Politik, nun bald den Rückzug einzuläuten, führt zur stillschweigenden Forderung an die BW: Bringt die Sache endlich zu Ende.

Alle drei haben den gemeinsamen Nenner: Mehr Vorwärtsgang für die BW. Die rapide steigende Häufigkeit der Berichte über schwerere Gefechte kann doch wohl nicht nur daran liegen, dass der Gegner mehr tut. Das Problem ist bloß: Nach allem, was der Öffentlichkeit und dem Parlament bisher als Bild des Einsatzes präsentiert wurde, können die Verantwortlichen diese Drehung nicht einfach als „neue Einsicht“ verkaufen, es würden zwangsläufig zu viele peinliche Fragen auf den Tisch kommen. Wenn nun aber im Vordergrund ein „Skandal“ gegeben wird, gewöhnt sich das Publikum viel leichter an die neue Lage zumal wenn da auch noch Sündenböcke präsentiert werden, denen sich die Verantwortung für verschärfte Gangart zuschieben lässt (eine Möglichkeit wäre etwa die Linie „ . . . Oberst K. hat mit seinem Angriffsbefehl schlafende Hunde geweckt . . .“).

Wenn diese Voraussetzungen nicht ganz falsch sind, wäre meine erste Frage an die Fachleute: Wenn die Politik die Verschärfung gewollt hat, ohne offen dafür einzustehen ( „. . . loten Sie doch mal aus, was das Mandat hergibt, Herr Kommandeur!“), hätte das völlig anders ausgesehen als das was uns aktuell präsentiert wird?

Kommentiert von: Zivi | 13. Dezember 09 um 14:06 Uhr

@Boris Barschow
Das Bundestagsmandat sieht unter 7. „Status und Rechte“ ausdrücklich „die Anwendung militärischer Gewalt zur Durchsetzung der …(UN) … Resolution“ vor.

Klicke, um auf 1610473.pdf zuzugreifen

(Dieses Mandat wurde gerade erst verlängert mit BT-Drucksache 17/39)

Die UN Resolution zu ISAF sieht einen friedenserzwingenden (Kampfeinsatz) vor.
Es war in diesem Zusammenhang auch gerne vom „robusten Mandat“ die Rede.

Die aktuellen RoE, durch das Ministerium in Form der aktuellen Taschenkarte festgelegt. Sind nicht vom Bundestag beschlossen, sondern basieren als Ausführungsvorschrift auf dem Mandat. Bisher sind auch keine Stimmen zu hören gewesen, dass die (vor einiger Zeit verschärften) RoE der Taschenkarte über das Mandat hinausgingen.

-> Herr Wiegold hatte das Thema RoE hier im Blog ausführlich begleitet!

Beste Grüße
Th

PS
In diesem Zusammenhang spricht auch der offizielle Auftrag der QRF-Einheiten eine klare Sprache:

Antwort der Bundesregierung:
Nr14. „Offensive Operationen gegen Regierungsfeindliche Kräfte im Zusammenwirken mit afghanischen Kräften“

Klicke, um auf 1608144.pdf zuzugreifen

Antwort der Bundesregierung bei Nachtwei:
http://www.nachtwei.de/index.php/articles/664

Diese Antwort wurde (warum auch immer) nicht bei DIP eingestellt…

Kommentiert von: Thelamon | 13. Dezember 09 um 14:29 Uhr

@ Thelamon:

Dass das Mandat verlängert wurde, ist nicht an mir vorbeigegegangen 😉 Die Frage ist doch, ob die (Gott sei Dank) verbesserte Taschenkarte irgendwie in dem Zusammenhang steht, jetzt „gezielter“ gegen Taliban vorgehen zu dürfen…(nach dem Motto: Soldaten und Öffentlichkeit zufriedenstellen, aber eigentlich andere Absichten haben…), dies wäre dann eine weitere Verfehlung/Desinformation ehemals agierender Sicherheitspolitiker…

Kommentiert von: Boris Barschow | 13. Dezember 09 um 14:45 Uhr

Es erscheint nicht sehr wahrscheinlich, dass es kurz vor Bundestagswahlen eine „stillschweigende Verschärfung der Bw-Strategie“ gegeben habe. Eher wird die Erwartung geherrscht haben, Verluste zu vermeiden. Die Entwicklung der Lage im Einsatz führte allerdings zwangsläufig zu einer Verschärfung der Auseinandersetzung.
Was die Rules of Engagement anbetrifft, befasst sich nach meiner Kenntnis auch der VgA damit. Zumindest die alten ROE sind, wie ich aus Gesprächen mit Abgeordneten weiß, im Sommer 2008 im Ausschuss diskutiert worden. Der GI hat sich damals – trotz kritischer Fragen von Abgeordneten – gegen robustere ROE ausgesprochen (s. dazu meinen Klartext „Generalinspekteur lebenslänglich“ in Abs. 11).
Die unangemessene und verniedlichende Rhetorik Minister Jungs und des damaligen GI haben dazu beigetragen, dass in der Öffentlichkeit ein wenig realistisches Bild vom Charakter der Auseinandersetzungen in Afghanistan vorherrscht. Sie tragen daher ein hohes Maß an Mitverantwortung für die aus meiner Sicht abwegige Diskussion, die zur Zeit über die Bewertung des Luftangriffs in Kundus geführt wird. Auch einige der Abgeordneten, die alle Nase lang die Einsatztruppe mit ihren Besuchen beehrt haben, wollen offenbar immer noch nicht begreifen, was dort tatsächlich vorgeht.
Die Kritik an Minister zu Guttenberg, deren Motive Szenebobachter zutreffend beschrieben hat, kann ich nicht nachvollziehen. Ihm ist jedenfalls hoch anzurechnen, dass er bereits in den ersten Tagen seiner Amtszeit deutlich artikuliert hat, dass es sich um einen bewaffneten Konflikt handelt, auf den die Regeln des humanitären Kriegsvölkerrechts anzuwenden sind. Die von Thomas Wiegold angeführte Ausarbeitung von Christian Schaller (SWP) dazu sollte zur Pflichtlektüre aller Journalisten und Politiker gemacht werden, die meinen, sich zu diesem Thema äußern zu müssen.

Kommentiert von: Jürgen Ruwe | 13. Dezember 09 um 14:49 Uhr

1.
@Boris Barschow
Auf die Mandatsverlängerung hatte ich nur deshalb hingewiesen, da die Verlängerungen meist nur zurückverweisen und nicht nicht immer den vollen Text wiedergeben.
-> Die von mir zitierte ältere Drucksache ist hingegen fast vollständig (ich wollte lediglich Mißverständnisse bezüglich der Aktualität vermeiden).

2.
Die Änderung der RoE in der Taschenkarte und die Beseitigung einiger Deutscher „caveats“ (Deutsche Einschränkungen bezüglich der Ausübung des Mandates bei der ISAF-Führung)ermöglichen ein aktiveres Vorgehen gegen die Aufständischen.
-> Die Details wurden im Blog ausführlich behandelt.
Link:
http://wiegold.focus.de/augen_geradeaus/2009/06/neue-taschenkarte-in-sicht-.html
und
http://wiegold.focus.de/augen_geradeaus/2009/07/durchsetzung-des-auftrags-ohne-kawum-.html

Die vergrößerte Deutsche QRF war in diesem Jahr auch verstärkt aktiv tätig.
(Das Problem nach einer größeren „Offensive“ im Raum Kundus war lediglich, dass die ANA das „gesäuberte“ Gebiet nicht halten konnte bzw. keine dauerhaften Stützpunkte einrichtete.)

3.
Die lange Hängepartie mit den unzureichenden RoE war auch niemals Folge des Bundestags- oder UN-ISAF Mandates, die die Bekämpfung der Aufständischen erlauben (s.o.) sondern ist allein vom BMVg (Jung, Schneiderhan und Co. zu verantworten).

-> Das Thema RoE wurde natürlich im Verteidigungsausschuss debattiert (einige Abgeordnete haben damals sehr sachkundig für die Verbesserung gestritten.)

Das BMVg wurde quasi „zum Jagen getragen“, als es die längst überfällige Anpassung der RoE vornahm, es war aber keine Entscheidung des Bundestages.

4. Das Hauptproblem für die rechtliche Bewertung der Bomben von Kundus (und letztlich des gesamten Deutschen Einsatzes)
sind auch nicht die Mandate (UN und Bundestag)oder die RoE, sondern die Frage, welches (Straf-)Recht anzuwenden ist.

Einen Einstieg zu diesem Thema bietet die Zusammenfassung von Herrn Schaller (SWP). Vielen Dank an Herrn J.König und Herrn Wiegold für den Hinweis und den Link im Blog!

Nur wenn man das humanitäre Völkerrecht zugrunde legen darf, machen die RoE im Rahmen der Mandate Sinn!

Wenn die Generalbundesanwaltschaft und (viel maßgeblicher!)ggf. die zuständigen Gerichte zu dem Schluss kämen, dass weiterhin und ohne Einschränkungen nach deutschem Strafrecht zu entscheiden ist, können die Deutschen Soldaten ihren (Kampf-)Auftrag im Grunde genommen nicht erfüllen.
Das StGB sieht nun einmal die vorsätzliche Tötung von Menschen nicht vor und kommt nur über Rechtfertigungs- und Endschuldigungsgründe (Notwehr, Nothilfe etc.) zu Ausnahmen, die sehr eng gefasst sind.
(Jeder Jurastudent kennt den Krampf um den „finalen Rettungsschuß“ bei Geiselnahmen.)

Bisher hat KTzG sich – immer unter der Einschränkung als „seine persönliche Auffassung“ – dazu bekannt, dass es sich um einen „nichtinternationalen bewaffneten Konflikt“ handele, womit eine Bewertung nach dem humanitären Völkerrecht eröffnet wäre.

Welche Auffassung vertritt denn die Bundesregierung und das BMVg ganz offiziell und ohne „persönliche“ Einschränkungen?!

Kommentiert von: Thelamon | 14. Dezember 09 um 15:41 Uhr

Lesen Sie den Post die Situation in Kundus und das Völkerrecht beim FOCUS Blog.

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Während Jürgen Trittin (DIE GRÜNEN) den Verteidungsminister zu Guttenberg nun einen Lügner nennt, werfen wir doch mal einen Blick auf die völkerrechtlichen Details dieser ganzen Debatte. Das Weblog-Sicheitspolitik hat dazu einige interessante Anmerkungen gepostet:

Gezielte Tötungen: völkerrechtlich legitim
Gezielte Tötungen: ethisch verantwortbar
Warum es keinen sauberen Krieg geben kann

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